IT-Dienstleister blickt vorsichtig optimistisch ins zweite Halbjahr 2025
Die Bechtle AG, einer der führenden IT-Dienstleister im deutschsprachigen Raum, sieht sich nach einem durchwachsenen Jahresstart in einer Phase vorsichtiger Hoffnung auf eine Trendwende. Angesichts schleppender öffentlicher Investitionen zu Jahresbeginn und einer enttäuschenden Q1-Performance setzt das Unternehmen nun auf eine Belebung des Geschäfts in der zweiten Jahreshälfte – getragen durch staatliche Sonderausgabenprogramme und strukturelle IT-Trends wie künstliche Intelligenz und das nahende Support-Ende von Windows 10.
Zurückhaltung im öffentlichen Sektor belastet Jahresstart
Der Rückblick auf das erste Quartal 2025 fiel für Marktbeobachter ernüchternd aus: Der Umsatz der Bechtle AG sank um 2,8 % auf 1,46 Mrd. € (Vorjahr: 1,5 Mrd. €), während das Geschäftsvolumen leicht um 0,8 % auf 1,97 Mrd. € (1,95 Mrd. €) zulegen konnte. Die im Geschäftsbericht für das Gesamtjahr 2024 veröffentlichte Prognose wurde zwar bestätigt, blieb aber konservativ: Für 2025 erwartet der Konzern ein Umsatzwachstum in einer Bandbreite von plus/minus 3 % gegenüber dem Vorjahreswert von 6,3 Mrd. €, beim Vorsteuerergebnis beträgt die Bandbreite plus/minus 5 % um den Referenzwert von 345 Mio. €.
Ein zentraler Belastungsfaktor in der ersten Jahreshälfte war die anhaltende Investitionszurückhaltung bei öffentlichen Auftraggebern – einem traditionell wichtigen Kundenstamm für Bechtle. Die unklare politische Lage zu Jahresbeginn sowie Verzögerungen bei der Verteilung öffentlicher Mittel hatten viele geplante IT-Projekte ausgebremst.
Neuer politischer Rahmen schafft Planungssicherheit
Mit der Bildung der neuen Bundesregierung im Frühjahr hat sich die Situation laut Bechtle-CEO Dr. Thomas Olemotz jedoch spürbar entspannt. Die politische Unsicherheit, die viele öffentliche Kunden zu Jahresbeginn zögern ließ, habe sich seither deutlich reduziert. Olemotz äußerte sich zwar weiterhin zurückhaltend zum zweiten Quartal, stellte aber eine Aufhellung der Geschäftslage für das zweite Halbjahr 2025 in Aussicht. Bereits in den Monaten März und April sei eine steigende Nachfrage spürbar gewesen – insbesondere im öffentlichen Sektor.
Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung dürfte das Milliardenpaket aus dem Sondervermögen „Infrastruktur“ der Bundesregierung sein. Diese Mittel, die gezielt in die Digitalisierung öffentlicher Einrichtungen fließen sollen, könnten die lange vermissten Impulse für IT-Investitionen liefern. In der Folge erwartet Bechtle auch im Mittelstand eine wachsende Bereitschaft zu Investitionen, zumal viele mittelständische Unternehmen in der Vergangenheit eng mit öffentlichen Projekten verflochten waren.
Technologietrends als zusätzliche Wachstumsimpulse
Neben dem makroökonomischen Umfeld könnte auch der technologische Zyklus Bechtle in die Karten spielen. So steht im Herbst 2025 das Support-Ende für Microsoft Windows 10 an – ein Ereignis, das erfahrungsgemäß mit einem erheblichen Modernisierungsbedarf bei Hard- und Software-Infrastruktur einhergeht. Der daraus resultierende Bedarf an Hardware-Erneuerung, Migration und Supportdienstleistungen dürfte sich positiv auf Bechtles Systemhausgeschäft auswirken.
Ein weiterer Zukunftstreiber liegt im Bereich der KI-fähigen IT-Infrastrukturen. Viele Unternehmen investieren zunehmend in Systeme, die auf künstlicher Intelligenz basieren oder dafür vorbereitet sind – insbesondere in Kombination mit Cloud-Plattformen, leistungsfähigen Netzwerken und Data Analytics. Als Anbieter umfassender IT-Lösungen – von der Hardware über die Systemintegration bis hin zu Managed Services – positioniert sich Bechtle strategisch günstig, um von diesem Trend zu profitieren.
Aktienkurs spiegelt Hoffnung auf Stabilisierung wider
An der Börse hat die Bechtle-Aktie 2025 bereits eine spürbare Erholung erlebt, was sich auch im Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) widerspiegelt. Zwar liegt das KGV für 2025e bei 19,3 und damit unter dem historischen 10-Jahres-Mittelwert von 24,4, dennoch signalisiert die Bewertung Raum für weiteres Kurspotenzial. Auf Basis der erwarteten Gewinne für 2026 und 2027 ergeben sich KGVs von 17,2 beziehungsweise 15,6 – Werte, die auf eine allmähliche Rückkehr zur früheren Wachstumsspur schließen lassen.
Fazit: Gedämpfter Optimismus mit realem Fundament
Auch wenn das erste Quartal hinter den Erwartungen zurückblieb, scheinen die Weichen für eine moderate Erholung bei der Bechtle AG gestellt. Die Auflösung politischer Unsicherheiten, neue Investitionsprogramme im öffentlichen Bereich, technologiegetriebene Ersatzzyklen und eine wieder anziehende Nachfrage geben Anlass zu verhaltenem Optimismus. Die vom Vorstand bestätigte Jahresprognose wirkt in diesem Kontext solide und realistisch.
Sollte sich die Nachfrageentwicklung im zweiten Halbjahr wie erwartet fortsetzen, könnte Bechtle nicht nur die Konsolidierungsphase hinter sich lassen, sondern auch strukturell gestärkt aus dem Jahr hervorgehen. Investoren setzen bereits erste Hoffnungen in diese Entwicklung – und dürften die künftigen Quartalszahlen mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen.
—
Der vollständige Bericht zur Bechtle AG mit einem ausführlichen Interview von CEO Dr. Thomas Olemotz erscheint in der Juli-Ausgabe 2025 des Nebenwerte-Journal unter www.nebenwerte-journal.de.