BDSW warnt vor gravierenden Folgen der politisch motivierten Mindestlohnerhöhung

Juli 1, 2025

Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) bewertet die von der Mindestlohnkommission empfohlene Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns als gravierenden Fehler mit weitreichenden negativen Folgen für Wirtschaft, Tarifautonomie und öffentliche Auftragsvergabe. Die Entscheidung, den Mindestlohn in zwei Schritten bis 2027 auf 14,60 Euro anzuheben – bereits ab dem 1. Januar 2025 um 8,42 % auf 13,90 Euro – sei weder wirtschaftlich tragbar noch sachlich gerechtfertigt.

„Auch wenn die Forderung der SPD nach einem Mindestlohn von 15 Euro nicht vollständig durchgesetzt wurde, ist der nun beschlossene Kompromiss rein politisch motiviert und ignoriert die ökonomische Realität in unserem Land“, erklärt BDSW-Präsident Werner Landstorfer. „Deutschland steckt mitten in einer konjunkturellen Schwächephase, viele Branchen kämpfen mit strukturellen Problemen – und dennoch wird mit dieser Entscheidung und den darauffolgenden Entwicklungen im Rahmen von Tarifverhandlungen weiter Öl ins Feuer gegossen.“

Der Verband kritisiert die fortschreitende Aushöhlung der Tarifautonomie stark. Die Mindestlohnerhöhung entziehe sich jeder nachvollziehbaren Orientierung an der nachlaufenden Tarifentwicklung, die eigentlich als Grundlage für Entscheidungen der Mindestlohnkommission vorgesehen ist. „Diese Form politischer Einflussnahme untergräbt das Vertrauen in das bestehende System der Sozialpartnerschaft. Wenn politisch festgelegte Untergrenzen faktisch über die Ergebnisse tariflicher Verhandlungen hinwegregieren, entwertet das die Arbeit beider Sozialpartner.“

Besonders problematisch sei auch die Entwicklung im Hinblick auf die öffentliche Auftragsvergabe. „Private Sicherheitsdienste stehen in direkter Konkurrenz um öffentliche Ausschreibungen. Wenn der gesetzliche Mindestlohn in dieser Form weiter steigt, während die öffentliche Hand keine Anpassung bei Ausschreibungen vornimmt, werden tarifgebundene Unternehmen systematisch benachteiligt“, so Landstorfer. Das öffne Billiganbietern Tür und Tor – auf Kosten von Qualität, Sicherheit und fairen Arbeitsbedingungen.

Auch die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen seien enorm: „Die Schere zwischen den Löhnen von gelernten und ungelernten Arbeitskräften schließt sich weiter. Damit gehen zentrale Anreize für Qualifikation und Weiterbildung verloren – gerade in einer Branche, in der Qualität sicherheitsrelevant ist.“
Gleichzeitig warnt der BDSW vor den gesamtwirtschaftlichen Folgen: „Eine spürbare Verteuerung im Einzelhandel und bei Lebensmitteln ist unausweichlich. Das wiederum heizt die nächste Tarifrunde an. Was wir hier erleben, ist eine politisch ausgelöste Lohn-Preis-Spirale, die die Inflation verstärken und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährden wird“, mahnt Landstorfer.

Der Verband fordert deshalb eine Rückkehr zu einem sachorientierten Verfahren bei der Festlegung des Mindestlohns – mit klarer Abgrenzung zur parteipolitischen Einflussnahme und echter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage.

Kommentar I (ml)

Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) trifft mit seiner Kritik an der geplanten Mindestlohnerhöhung einen wunden Punkt der aktuellen Arbeitsmarktpolitik: Statt realwirtschaftliche Rahmenbedingungen ernsthaft in den Blick zu nehmen, wird der gesetzliche Mindestlohn erneut als politisches Signal missbraucht. Dabei wird ignoriert, dass Unternehmen – besonders im Dienstleistungssektor wie der Sicherheitsbranche – nicht beliebig mehr zahlen können, ohne dass dies gravierende Konsequenzen für Personalstruktur, Wettbewerb und Qualität nach sich zieht.

Die Mindestlohnerhöhung von 8,42 % innerhalb eines Jahres ist in Zeiten schwacher Konjunktur und hoher Unsicherheit eine wirtschaftspolitische Geisterfahrt. Während viele Branchen bereits mit sinkender Nachfrage, steigenden Betriebskosten und bürokratischer Überlastung kämpfen, werden ihnen durch gesetzliche Lohnuntergrenzen zusätzliche Lasten aufgebürdet – ganz gleich, ob dies mit der tatsächlichen Produktivität vereinbar ist oder nicht.

Besonders besorgniserregend ist die Missachtung der Tarifautonomie: Wenn politisch motivierte Entscheidungen den freien Verhandlungsprozess zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften aushebeln, wird das Fundament der Sozialpartnerschaft ausgehöhlt. Tarifverträge verkommen dann zur Makulatur – ein fatales Signal an alle, die sich bisher in fairen Aushandlungsprozessen engagiert haben.

Die Situation bei der öffentlichen Auftragsvergabe verdeutlicht das Dilemma: Wer Tariflöhne zahlt, verliert zunehmend Ausschreibungen an Billiganbieter – mit der paradoxen Folge, dass Qualität und Arbeitsbedingungen dort leiden, wo Sicherheit und Zuverlässigkeit eigentlich höchste Priorität haben sollten. Ein ordnungspolitisches Eigentor mit Ansage.

Und was ist mit der angestrebten sozialen Gerechtigkeit? Wenn Qualifikation und Weiterbildung nicht mehr lohnwirksam honoriert werden, schrumpfen Anreize zur Fachkräfteentwicklung. Gleichzeitig drohen steigende Preise im Handel und bei Dienstleistungen – wodurch am Ende genau jene Verbraucher:innen belastet werden, die durch die Maßnahme eigentlich geschützt werden sollten.

Siehe auch Kommentar 2 (dcm) Mindestlohn mit dem Vorschlaghammer – Wie politische Symbolpolitik Tarifautonomie und Wirtschaft zerschlägt https://euro-security.de/gesellschaft-und-politik/mindestlohn-mit-dem-vorschlaghammer-wie-politische-symbolpolitik-tarifautonomie-und-wirtschaft-zerschlagt/

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