Bilanz 2024: Wahljahr als Katalysator politisch motivierter Kriminalität in Brandenburg

April 12, 2025

Das Jahr 2024 hat in Brandenburg eine erhebliche Zunahme politisch motivierter Straftaten hervorgebracht. Im Kontext eines Superwahljahres mit Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen stellen die gestiegenen Fallzahlen nicht nur eine statistische Herausforderung dar, sondern auch ein alarmierendes Signal für die politische Kultur im Land. Die folgenden Ausführungen beleuchten die wesentlichen Zahlen, Entwicklungen und Implikationen dieser besorgniserregenden Entwicklung.

Gesamtüberblick und Einfluss des Wahljahres

Die Polizeistatistik Brandenburgs dokumentiert für 2024 insgesamt 6.813 politisch motivierte Straftaten, was einem Anstieg von nahezu 70 Prozent im Vergleich zu den 4.018 Fällen im Vorjahr entspricht. Dieser dramatische Zuwachs ist maßgeblich auf das Wahljahr zurückzuführen. Allein 1.877 Straftaten stehen im direkten Zusammenhang mit den anstehenden Wahlen und machen mehr als ein Viertel des Gesamtaufkommens aus. Ohne diese sogenannten „Wahlstraftaten“ läge die Fallzahl bei 4.936, was allerdings immer noch einem deutlichen Plus von 22,8 Prozent entspricht.

„Das Wahljahr 2024 hinterlässt in der Statistik deutliche Spuren. Was neben dem allgemeinen Anstieg der politisch motivierten Kriminalität besonders ins Auge springt, ist die Tatsache, dass die Polizei in allen Phänomenbereichen Anstiege verzeichnet – und das von links bis rechts. Das ist ein schlechtes Zeichen für die Entwicklung der politischen Kultur in Brandenburg.“ (Innenministerin Katrin Lange in Potsdam)

Diese Aussage unterstreicht die tiefgreifenden Auswirkungen des Wahljahres auf das polizeiliche Einsatzgeschehen und die gesellschaftliche Polarisierung.

Detaillierte Fallzahlen nach Phänomenbereichen

Die Analyse der Daten zeigt, dass alle Kategorien politisch motivierter Kriminalität einen deutlichen Anstieg erfahren haben:

  • PMK – rechts:
    • 3.626 Fälle im Jahr 2024 gegenüber 2.475 Fällen 2023, was einem Zuwachs von 46,5 Prozent entspricht.
    • Innerhalb dieses Bereichs entfallen 62,2 Prozent der Taten auf Propagandadelikte (z. B. die Verbreitung von Propagandamitteln und die Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen).
  • PMK – links:
    • 1.173 Straftaten im Jahr 2024 im Vergleich zu 548 Fällen im Vorjahr, ein Sprung von 114,1 Prozent.
    • Ein wesentlicher Teil der Zunahme ist auf Straftaten im Zusammenhang mit dem Wahlgeschehen (491 Fälle) und Protesten, beispielsweise im Kontext von Tesla (241 Fälle), zurückzuführen.
  • PMK – sonstige Zuordnung:
    • Hier wurden 1.811 Straftaten erfasst gegenüber 846 Fällen im Vorjahr – ebenfalls ein Anstieg von 114,1 Prozent.
    • Der Großteil dieser Zunahme lässt sich auf Delikte im Zusammenhang mit den Wahlaktivitäten zurückführen (1.061 Fälle).
  • PMK – ausländische Ideologie:
    • 151 Fälle (2023: 108), was einem Anstieg von 39,8 Prozent entspricht.
  • PMK – religiöse Ideologie:
    • 52 Straftaten im Jahr 2024 gegenüber 41 im Jahr 2023 (+26,8%).

Diese differenzierte Aufschlüsselung zeigt, dass sowohl extreme rechte als auch linke Gruppierungen – ergänzt durch Fälle anderer ideologischer Ausrichtungen – einen signifikanten Einfluss auf das Gesamtbild haben.

Zunahme politisch motivierter Gewaltstraftaten

Neben Propagandadelikten sticht der Anstieg der politisch motivierten Gewaltstraftaten besonders hervor. Im Jahr 2024 wurden 225 Gewaltstraftaten registriert, verglichen mit 174 Fällen im Jahr 2023, was einem Zuwachs von 29,3 Prozent entspricht. Innerhalb dieser Kategorie:

  • Körperverletzungen:
    • 143 Fälle im Jahr 2024, was einen Anstieg von 23,3 Prozent gegenüber 116 Fällen im Vorjahr darstellt.
    • Insgesamt wurden 301 Personen verletzt, ein Anstieg von 44 Prozent im Vergleich zu 209 Verletzten des Vorjahres.
  • Phänomenbereich-spezifische Gewalttaten:
    • PMK – rechts: 113 Gewaltstraftaten (geringer Rückgang um 3,4 Prozent im Vergleich zu 117 Fällen im Vorjahr) mit 157 verletzten Personen.
    • PMK – links: Ein drastischer Anstieg auf 51 Gewaltstraftaten gegenüber 11 Fällen – eine Zunahme von 363,6 Prozent, mit 50 Verletzten.
    • Weitere Zuwächse wurden im Bereich PMK – sonstige Zuordnung, ausländische und religiöse Ideologie verzeichnet.

Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur eine quantitative Zunahme, sondern auch eine qualitative Veränderung in der Art der Auseinandersetzungen, bei denen Gewalt eine zunehmend problematische Rolle spielt.

Herausforderungen der Aufklärungsquote

Ein weiterer besorgniserregender Aspekt der Statistik ist der Rückgang der Aufklärungsquote, die von 51,3 Prozent im Jahr 2023 auf 43,1 Prozent in 2024 gesunken ist. Besonders auffällig sind die Wahlstraftaten, bei denen die Aufklärungsquote nur 12 Prozent erreicht. Im Gegensatz dazu lag die Quote bei den Gewaltstraftaten bei noch 71 Prozent (gegenüber 78 Prozent im Vorjahr). Dies weist auf strukturelle Herausforderungen hin, die einerseits durch das erhöhte Fallvolumen und andererseits durch die Komplexität politisch motivierter Delikte bedingt sind.

Gesellschaftliche und polizeiliche Implikationen

Polizeipräsident Oliver Stepien betonte: „Das vergangene Jahr in Brandenburg war in besonderer Weise von Themen geprägt, die auch Einfluss auf die Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität hatten. Ein deutlicher Schwerpunkt unserer Arbeit liegt im Bereich des Rechtsextremismus. Mehr als die Hälfte aller politisch motivierten Straftaten stammen weiterhin aus dem rechten Spektrum.“

Diese Einschätzung verweist auf die Notwendigkeit eines verstärkten Engagements nicht nur seitens der Polizei, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene. Die Zunahme der Delikte aus allen ideologischen Lagern und die damit verbundene Radikalisierung deuten auf eine zunehmende Verrohung der politischen Auseinandersetzung hin. Dies stellt nicht nur die Behörden, sondern auch die Zivilgesellschaft vor die Herausforderung, Strategien zur Deeskalation und Prävention zu entwickeln.

Die Polizei sieht sich gefordert, mit gesteigertem Verfolgungsdruck, Präsenz und zielgerichteter Prävention den Anstieg politisch motivierter Kriminalität einzudämmen. Gleichzeitig wird betont, dass diese Problematik eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt, in der alle Akteure – von politischen Institutionen über gesellschaftliche Gruppen bis hin zur breiten Öffentlichkeit – Verantwortung übernehmen müssen.

Fazit

Die Statistiken des Jahres 2024 in Brandenburg zeichnen ein klares Bild: Das Wahljahr hat in mehrfacher Hinsicht als Katalysator für politisch motivierte Kriminalität gewirkt. Der beeindruckende Zuwachs in allen relevanten Kategorien, insbesondere im Bereich der gewaltbezogenen Delikte, macht deutlich, dass die politische Kultur und der gesellschaftliche Diskurs im Land vor tiefgreifenden Herausforderungen stehen.

Die Daten fordern sowohl die Polizei als auch die gesamte Gesellschaft heraus, sich intensiv mit der Zunahme der Radikalisierung und der Verrohung politischer Auseinandersetzungen auseinanderzusetzen. Es bedarf verstärkter Anstrengungen in der Prävention, der Bildung und der Förderung eines respektvollen politischen Diskurses, um langfristig eine gefährliche Eskalation des politischen Konflikts zu verhindern.

Diese Bilanz sensibilisiert für die Gefahren, die im Spannungsfeld politischer Partizipation und Extremismus entstehen können, und betont die Notwendigkeit eines gemeinschaftlichen, entschlossenen und nachhaltigen Handelns aller Beteiligten.

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