Am 19. November 2025 fand der 11. Bayerische Sicherheitstag statt. Über 100 Teilnehmende folgten der Einladung von BVSW und BDSW zur gemeinsamen Veranstaltung auf dem Münchner Nockherberg. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie sich die geopolitischen Veränderungen auf die Sicherheit auswirken und welche Faktoren für die Aufrechterhaltung der Stabilität entscheidend sind.
Die Sicherheitslage in Europa und Deutschland verändert sich. Eingespielte Allianzen werden in Frage gestellt, hybride Angriffe nehmen zu und die technologischen Sprünge bringen neue Bedrohungen mit sich. Angesichts dieser dynamischen Entwicklungen wird der Austausch unter Experten immer wichtiger, um Lösungswege für Wirtschaft und Gesellschaft zu finden. Am 19. November 2025 traf sich deshalb die Sicherheitsbranche auf dem Bayerischen Sicherheitstag, einer gemeinsamen Veranstaltung von BVSW und BDSW, die beispielhaft für gelungene Kooperation in der Sicherheitsbranche steht.
Eröffnet wurde die Veranstaltung vom bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, dem Schirmherr des Bayerischen Sicherheitstags. Er betonte, dass Zusammenarbeit und entschlossenes Handeln entscheidend seien, um die Sicherheit langfristig aufrecht zu halten.
Migration Teil hybrider Kriegsführung
Den ersten Vortrag am Folgetag hielt Reza Ahmari von Frontex. Diese Agentur ist für die Kontrolle der EU-Außengrenzen verantwortlich und Ahmari zeigte, welche unterschiedlichen Aufgaben Frontex zur Erfüllung dieser Mission übernimmt. An erster Stelle steht die Unterstützung der EU-Mitgliedsstaaten bei der Sicherung ihrer Grenzen, wobei insbesondere bei der Überwachung der Küsten ein hoher technischer Aufwand betrieben wird. Zudem kooperiert Frontex eng mit nationalen Behörden und EU-Agenturen, um grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen, wie beispielweise Schmuggel oder Menschenhandel. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Analyse potenzieller Risiken, die zur Auslösung erhöhter Flüchtlingsströme führen könnten.
Ahmari betonte zudem die Allgegenwärtigkeit hybrider Bedrohungen, die sich auch im Bereich der Migration zeigten. Russland soll wiederholt mutmaßlich Migranten an die finnische Grenze gelenkt haben. In der Folge sah sich Finnland 2024 veranlasst, den Grenzübergang vollständig zu schließen – mit spürbaren wirtschaftlichen Auswirkungen in der Region. Beobachterinnen und Beobachter gehen davon aus, dass Moskau sehr genau wisse, wie sensibel das Thema Migration ist und wie stark es die EU politisch unter Druck setzt. Einerseits brauche man Arbeitskräfte, wolle die Menschenrechte schützen und zugleich die Kontrolle über die Einwanderung behalten. Ahmari merkte an, dass die Politik vor einer anspruchsvollen Aufgabe stehe und dabei häufig der Eindruck entstehe, es gebe einfache Lösungen, obwohl die Realität im Bereich Migration deutlich komplexer sei.
International vernetzte Finanzkriminalität
Auch beim zweiten Vortrag stand ein europäisches Thema im Fokus. Alexander Resch, Head of Unit Financial Crime bei Europol, war direkt aus Den Haag zugeschaltet und sprach über die Erscheinungsformen internationaler Finanzkriminalität sowie die Rolle der europäischen Polizeibehörde Europol. Die Behörde unterstützt und verstärkt die Arbeit der zuständigen Stellen in den EU-Mitgliedsstaaten und darüber hinaus.
Diese weltweite Kooperation ist von zentraler Bedeutung, denn Finanzkriminalität ist mittlerweile international stark vernetzt und hochprofessionell organisiert. Betrüger bauen dabei sogar legale Strukturen auf, bis hin zum Betrieb eigener Banken. Zu den von Europol bekämpften Kriminalitätsphänomenen gehören unter anderem gefälschte Onlineshops, Produktpiraterie oder Kreditkartenbetrug.
Besonders stark wächst derzeit der Anlagebetrug sowie Business Email Compromise (BEC), was vor allem für Unternehmen ein zunehmendes Problem darstellt. Dabei werden Emails von scheinbar vertrauenswürdigen Domains verschickt, die Empfänger zum Klicken auf Links oder Anhänge verleiten sollen. Tatsächlich sind aber die Domains gefälscht und über die Aktion wird Schadsoftware in die Netzwerke des Empfängers eingeschleust.
Resilienz durch Wirtschaftskraft und Verteidigungsfähigkeit
Im Anschluss an die Networkingpause sprach Sabine Seeger-Regling, Expertin für Europapolitik und Public Affairs, über die Souveränität Europas in einer sich wandelnden Weltordnung. Der Druck auf Europa nehme zu, so Seeger-Regling, sowohl von außen, durch Russland und die USA, als auch von innen, wie der Brexit verdeutliche.
Deshalb sei es wichtig, innerhalb Europas Resilienz aufzubauen. Ein wichtiger Baustein dafür sei die Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Hierbei begrenzten allerdings die Überregulierung und der Mangel an Risikokapital die Möglichkeiten. Es gelte, den Binnenmarkt zu stärken, der mit immerhin 450 Millionen Verbrauchern der größte der Welt ist. Ein gemeinsamer, europäischer Kapitalmarkt ist ebenso entscheidend, wie der Bürokratieabbau.
Der zweite Baustein zur Schaffung der Resilienz sei die verteidigungspolitische Handlungsfähigkeit. Zu viele für die Verteidigung wesentlichen Kompetenzen lägen derzeit noch in amerikanischer Hand.
Datenschutz – Balanceakt zwischen Freiheit und Sicherheit
Nach der Mittagspause stand das Thema Datenschutz auf dem Programm. Der bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz Prof. Dr. Thomas Petri betonte in seinem Impulsvortrag, dass Datenschutz ein fortwährender Balanceakt zwischen Sicherheit und Freiheit sei.
Datenschutz solle den Menschen in unserer Gesellschaft Privatsphäre zugestehen, ebenso wie eine Mitbestimmungsmöglichkeit darüber, was bei der Verarbeitung ihrer persönlichen Daten geschieht. In anderen Ländern hat der Datenschutz eine weit geringere Priorität. Das führe zu Situationen, die nach europäischen Vorstellungen nicht erwünscht sind. So laufen in den USA beispielsweise rund 80 Prozent der Datenströme über die Server der sieben größten Tech-Unternehmen und das geschieht außerhalb jeglicher Kontrolle. In China werden die Menschen in gewissen Regionen auf Schritt und Tritt überwacht, ein Fehlverhalten fließt in das Social Scoring der Menschen ein. Dieses Scoring wiederum hat weitreichende Folgen nicht nur für den betroffenen Menschen selbst, sondern möglicherweise auch für dessen Kinder, denen beispielsweise der Zugang zu bestimmten Schulen verwehrt bleibe.
Paneldiskussion zum Datenschutz
Im Anschluss folgte eine Paneldiskussion zum Thema Datenschutz. Teilnehmende waren Christian Huber, Vizepräsident des Polizeipräsidiums München, Thorsten Malt, Geschäftsführer DB Sicherheit sowie Prof. Dr. Petri.
Die Diskussion verdeutlichte, wie wichtig eine ernsthafte Abwägung von Datenschutz gegenüber Sicherheitsinteressen ist. Thorsten Malt machte dies an einem Praxisbeispiel deutlich: Bodycams würden die Sicherheit der Bahnmitarbeitenden deutlich verbessern, jedoch gebe es immer wieder datenschutzrechtliche Vorbehalte gegenüber dieser Technologie. Zwar wurde für die Bahn eine passende Lösung gefunden, doch Malt plädierte dafür, die Prozesse rund um den Datenschutz bundesweit zu vereinheitlichen. Prof. Dr. Petri gab zu bedenken, dass bei einem solchen Vorgehen regionale Besonderheiten nicht mehr ausreichend berücksichtigt werden könnten.
Christian Huber berichtete von einem spürbaren Wandel in der Bevölkerung: Überwachungsmaßnahmen würden heute deutlich mehr Akzeptanz erfahren als noch vor einigen Jahren. Ein möglicher Grund dafür sei, dass die subjektive Unsicherheit deutlich zugenommen habe. Gleichzeitig zeige sich, dass Überwachungstechnologie an Hotspots nachweislich die Kriminalität eindämmen kann. So habe die Münchner Polizei im Alten Botanischen Garten Videoüberwachung eingesetzt, die zu einem deutlichen Rückgang von Delikten geführt hat.
Sicherheit ist systemrelevant
Abschließend sprachen die Verbandsvorstände über das Zukunftsthema ganzheitliche Sicherheit. Ernst Steuger, BVSW-Vorstand für die Dienstleistungssparte, appellierte an die Politik, die Sicherheitsbranche als systemrelevant einzustufen. Werner Landstorfer, Präsident des BDSW, wünschte sich ein schnelleres Handeln auf Unternehmensseite, um die Sicherheit auch in Zukunft aufrechterhalten zu können. Als weitere Herausforderung für die Zukunft sahen beide Gesprächsteilnehmer die zunehmenden Desinformationskampagnen an und äußerten Bedenken, ob die Menschen zukünftig noch in der Lage sein werden, Falschinformationen als solche zu identifizieren.
12. Sicherheitstag bereits in Planung
Die Verbände gehen mit gutem Beispiel voran und planen bereits den nächsten Sicherheitstag im Jahr 2026. „Unsere Veranstaltung hat wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, die unterschiedlichen Aspekte der Sicherheitsherausforderungen zu betrachten“, sagt Caroline Eder, Geschäftsführerin des BVSW. „Wir werden weiterhin unsere Mitglieder mit den neuesten Informationen versorgen und freuen uns schon auf den nächsten Sicherheitstag. Ein besonderer Dank geht auch an unsere Sponsoren, die diesen Event unterstützt haben: Piepenbrock, Dienstplan Macher, hensec, ESD, ID Ausweissysteme, Kötter Security, Security Robotics, Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft, Securitas und Wisag.“


