Cloud, Compliance und KI – Wie Verkada die Sicherheitsbranche in Europa neu definiert

Dezember 19, 2025

Marktstrategische Perspektive aus München

Am Rande des Verkada Security Summit 2025 in München führte Euro Security im Oktober ein ausführliches Gespräch mit Filip Kaliszan, Mitgründer und CEO von Verkada. Die Unterhaltung fand vor dem Hintergrund einer Phase beschleunigter Expansion in Europa statt, in der Verkada seine Position als innovativer Anbieter cloudbasierter Sicherheitslösungen in der DACH-Region und darüber hinaus weiter festigt.

Im Gespräch wurden fünf marktstrategisch relevante Kernpunkte deutlich: Europa gilt als Schlüsselmarkt, dessen heterogene Länderstrukturen und strenge Regulierung ihn komplex machen, zugleich aber zu einem der attraktivsten Wachstumsmärkte für Cloud-basierte Sicherheitslösungen. Deutschland fungiert als Compliance-Labor. Vollständig entwickelte Tools und zertifizierte Prozesse verschaffen Verkada einen Wettbewerbsvorteil, der in anderen europäischen Märkten direkt skaliert werden kann. Der Software-first-Ansatz nutzt die Standardisierung der Hardware, um Kamera-, Zutritts-, Alarm- und Sensoriksysteme zu integrieren und technologischen Vorsprung gegenüber Hardware- zentrierten Mitbewerbern auszuspielen.

Mit KI-basierten Lösungen werden Sicherheitsvorfälle proaktiv erkannt, Fehlalarme reduziert und Kosten minimiert, während operative Effizienz gesteigert wird. Schließlich garantiert Verkada durch strikte Trennung von Kundendaten, länderspezifische Funktionskontrolle und klare Abgrenzung von Massenüberwachung marktführende Ethik und Vertrauen in der DACH-Region.

Europa als Flickenteppich – Technologische Chance statt Hürde

Viele US-Unternehmen betrachten Europa als homogenen Markt. Kaliszan betont dazu: „In den USA betrachten viele Europa als einen einzigen Markt. Aber Europa besteht aus verschiedenen Ländern, Kulturen und gesetzlichen Rahmenbedingungen. Man muss jedes einzelne wirklich verstehen.“
Für Verkada zeigte sich schnell, dass technologische, kulturelle und regulatorische Unterschiede in jedem Land berücksichtigt werden müssen. Datenschutz, nationale Sicherheitsanforderungen und unterschiedliche Integrationsstandards machen Europa komplex – eröffnen aber zugleich Chancen, frühzeitig marktführende Lösungen zu etablieren.
Das Unternehmen wurde 2016 im Silicon Valley gegründet und fokussierte zunächst den US-Markt. 2019 folgte die erste europäische Niederlassung in London. Die weitere Expansion verzögerte sich durch COVID, da Kaliszan Kunden und Partner zwei Jahre lang nicht persönlich treffen konnte.

Marktdynamik: In Europa dominiert Enterprise statt Mittelstand

In den USA wuchs Verkada zunächst stark im Mittelstand, einem Segment, das neue Technologien schnell adaptierte. In Europa jedoch verhielten sich mittelständische Unternehmen zurückhaltender, insbesondere gegenüber Cloud- und KI-basierten Sicherheitslösungen.
Kaliszan stellte klar: „In Europa verstehen die großen Unternehmen den Wert sehr schnell, gerade in Deutschland, wo Compliance einen so hohen Stellenwert hat“.

Diese Marktsegmentierung prägte die europäische Expansionsstrategie maßgeblich.

Deutschland als Testlabor: Strenge Regeln werden zum Wettbewerbsvorteil

Der deutsche Markt ist stark reguliert. Verkada nutzte dies strategisch, indem das Unternehmen alle Compliance-Tools, technischen Richtlinien und Dokumentationen selbst entwickelte. Dies entlastet Partner und Kunden erheblich. Kaliszan erläutert: „Viele Länder sagen schlicht: Wenn es in Deutschland funktioniert, reicht uns das als Nachweis.“

Damit avancierte Deutschland nicht nur zu einem Absatzmarkt, sondern zum Innovationsmotor für die gesamte europäische Expansion.

Cloud in der physischen Sicherheit: Vom Misstrauen zur operativen Effizienz

Als Verkada 2016 begann, klassische On-Premise-Systeme durch Cloud-Lösungen zu ersetzen, stieß das Unternehmen auf Skepsis – selbst in den USA. Kaliszan beschreibt die Strategie, wie Pilotprojekte mit Testhardware und Übernahme der Evaluierungskosten den Einstieg erleichtern. „Nach ein paar Wochen des Testens erkennen die Kunden den Mehrwert. Dann wollen sie es standardisieren. Der Aha-Effekt ist sehr stark.“

Technologischer Unterschied: Software-first statt Hardware-zentriert

Der Hardware-Wettlauf der letzten Jahrzehnte – Megapixel, Sensoren, Objektive – sei weitgehend gelöst. Verkada setzt stattdessen auf integrierte Plattformen aus Kamera-, Zutritts-, Alarm- und Umweltsensorik, gesteuert über Cloud-Software. „Kameras sind heute ein relativ gelöstes Hardware-Problem. Durch iPhones und Smartphones treibt der Konsumentenmarkt die Innovation. Aber niemand hat sich ernsthaft der Software angenommen.“
Ein Messebesucher brachte es treffend auf den Punkt: „Der Unterschied ist: Die KI von Verkada funktioniert wirklich“, berichtet Kaliszan.

Europäische Standards: Integrationen sind Pflicht, nicht Kür

Deutsche BDS-Normen, EN-Standards oder nationale Datenschutzanforderungen stellen internationale Anbieter vor Herausforderungen.

Verkada übernimmt diese Arbeit selbst: Unerlaubte Funktionen wie Gesichtserkennung werden deaktiviert, länderspezifische Dokumentationen bereitgestellt, Datenhoheit technisch und organisatorisch gesichert. „Früher haben Hersteller Produkte gebaut und die Compliance den Kunden überlassen. Das funktioniert heute nicht mehr. Wir müssen die Last abnehmen – nicht die Kunden“, ist sich Kaliszan sicher.

Proaktive Sicherheit durch KI: Von reaktiv zu prädiktiv

KI transformiert physische Sicherheit von der reaktiven Analyse hin zu proaktiver Prävention. Verkada-Systeme erkennen unter anderem unbefugtes Überklettern von Zäunen, Stürze, frühzeitige Warnungen bei Rauch oder Wasserschäden sowie atypische Bewegungsmuster. „Viele Schäden entstehen nachts. Ein geplatztes Rohr kann Hunderttausende Euro kosten. Wenn ein System das erkennt und meldet, bevor es eskaliert, spart das enorm viel Geld“, fasst Kaliszan die Bedrohnungslage zusammen.
Neue Aktivitätserkennungen werden nur veröffentlicht, wenn sie außergewöhnlich zuverlässig arbeiten – das Motto: „nichts versprechen, was sich in der Praxis nicht bewährt“, Kaliszan.

Ethik und Verantwortung: Keine Zukunft wie in China

Kaliszan hebt hervor, dass KI-gestützte Sicherheitssysteme klaren ethischen Leitlinien folgen müssen. Reduktion von Kriminalität darf nicht mit Massenüberwachung einhergehen. Kundendaten werden strikt getrennt, Tracking unterbleibt, Technologien werden nicht für staatliche Überwachung entwickelt. „Freiheit bedeutet Sicherheit – nicht Überwachung.“

Innovation durch Kundendialog

Neue Funktionen erscheinen kontinuierlich über die Cloud, flankiert von jährlichen Produktkonferenzen. Entscheidender sei jedoch der direkte Austausch mit Kunden. „Wenn wir das tun, was für unsere Kunden richtig ist, wird unser Unternehmen automatisch besser“, bewertet Kaliszan den Dialog mit Verkada Kunden. Verkada bleibt damit schnell, innovativ und softwaregetrieben – mit klarem Fokus auf Compliance, proaktive Sicherheit und ethisch verantwortliche KI-Lösungen in Europa. [DCM]

Flip-Magazin: https://online.fliphtml5.com/fvnsg/ES_DACH-12-2025_Seite-18-21

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