Der Allianz Risk Barometer 2025 beleuchtet jährlich die wichtigsten Bedrohungen für Unternehmen weltweit – und liefert damit auch für die Luftfahrtbranche wertvolle Erkenntnisse. Die Ergebnisse basieren auf Einschätzungen von Expertinnen und Experten aus allen Bereichen des Sektors: von Fluggesellschaften über Wartungsbetriebe bis hin zu Versicherern. Das Bild für 2025 zeigt, dass die Branche vor einer Vielzahl komplexer Herausforderungen steht, die sich gegenseitig verstärken können.
Platz 5: Fachkräftemangel – ein strukturelles Problem mit Langzeitwirkung
Trotz der vollständigen Erholung vieler Märkte von den pandemiebedingten Einschränkungen hat die Luftfahrt ein massives Personalproblem. Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften übersteigt das Angebot deutlich – und das weltweit.
Ursachen sind vielfältig:
- Viele erfahrene Piloten, Techniker und Flugbegleiter haben während der Pandemie den Beruf verlassen oder sind in den Ruhestand gegangen.
- Für Nachwuchskräfte sind die Einstiegshürden hoch: begrenzte Ausbildungsplätze, lange Trainingszeiten und erhebliche Kosten.
- In einigen Berufsfeldern gilt der Arbeitsplatz als weniger attraktiv, etwa aufgrund unregelmäßiger Arbeitszeiten und hoher physischer sowie psychischer Belastungen.
Schätzungen zufolge werden in den kommenden zehn Jahren 300.000 zusätzliche Piloten, 300.000 Wartungsingenieure und 600.000 Kabinenmitarbeiter benötigt. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Personallücke nicht kurzfristig geschlossen werden kann. Steigende Gehälter und höhere Rekrutierungskosten werden den Druck auf die Margen der Fluggesellschaften weiter erhöhen. Langfristig könnte dieser Trend jedoch die Attraktivität der Berufe verbessern – kurzfristig bleibt es jedoch ein klarer Risikofaktor.
Platz 4: Politische Risiken und Gewalt – Sicherheitslage als Dauerbelastung
Die weltpolitische Lage bleibt angespannt: Kriege, Bürgerkriege, Terrorgefahr und instabile Staaten prägen das Umfeld, in dem die Luftfahrt operiert. Konflikte in Osteuropa, im Nahen Osten und in Teilen Afrikas wirken sich direkt auf Flugrouten, Versicherungsprämien und Sicherheitskonzepte aus.
Fluggesellschaften und Behörden stehen vor dem ständigen Dilemma, Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Passagiererwartungen miteinander zu vereinbaren. Geopolitische Spannungen können kurzfristig zu Luftraumsperrungen, Umleitungen oder gar zur Einstellung von Verbindungen führen – mit direkten Folgen für Auslastung und Rentabilität.
Neue Bedrohungsformen, wie der gezielte Einsatz moderner Drohnentechnologie oder Cyberangriffe im Kontext von Konflikten, verstärken diese Gefahr zusätzlich.
Platz 3: Gesetzliche und regulatorische Veränderungen – zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit
2025 ist die Regulierungslandschaft dynamischer denn je. Besonders im Bereich Nachhaltigkeit steigt der Druck:
- Die EU verfolgt weiterhin konsequent das Ziel, die Luftfahrt bis 2050 klimaneutral zu machen.
- Die USA hingegen haben jüngst einige Umweltauflagen gelockert, was zu unterschiedlichen Standards führt.
Für global agierende Airlines bedeutet das: Sie müssen sich parallel an verschiedene Regelwerke anpassen. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU verpflichtet Unternehmen zu umfassender und einheitlicher Berichterstattung über Nachhaltigkeitsaspekte. Fehler oder Unklarheiten können nicht nur zu finanziellen Sanktionen, sondern auch zu Reputationsschäden führen. Hinzu kommen potenziell steigende Kosten für die Umsetzung neuer Umwelttechnologien, nachhaltiger Kraftstoffe und modernerer Flotten.
Platz 2: Betriebsunterbrechungen durch Lieferkettenprobleme – Engpässe auf allen Ebenen
Die Luftfahrt ist in hohem Maße von komplexen, internationalen Lieferketten abhängig. Schon kleine Störungen können den Betrieb empfindlich treffen. 2025 verschärfen mehrere Faktoren die Lage:
- Verspätete Auslieferungen neuer Flugzeuge aufgrund voller Auftragsbücher bei den Herstellern.
- Mangel an Ersatzteilen, der zu längeren Wartungszeiten führt.
- Steigende Leasingraten wegen des geringen Angebots an einsatzbereiten Maschinen.
Der weltweite Flugzeugbestand wird immer älter – im Schnitt 14,8 Jahre. Ältere Maschinen verbrauchen mehr Treibstoff, sind teurer im Unterhalt und verursachen höhere Emissionen. Das bremst nicht nur Nachhaltigkeitsziele aus, sondern führt auch zu zusätzlichen Kosten für Betreiber. Kleinere Airlines in Schwellenländern sind besonders betroffen, da sie meist auf gebrauchte Flugzeuge angewiesen sind, die nun länger im Einsatz bleiben und seltener auf den Gebrauchtmarkt gelangen.
Platz 1: Cybervorfälle – die größte Bedrohung für 2025
Die digitale Vernetzung macht die Luftfahrt effizienter, aber auch verwundbarer. Cyberrisiken umfassen heute weit mehr als den klassischen Hackerangriff:
- Ransomware und Datendiebstahl mit finanziellen und rechtlichen Folgen.
- Manipulation von Navigationssystemen, etwa durch GPS-Spoofing, was vor allem in Krisenregionen zunimmt.
- Systemausfälle durch fehlerhafte Software-Updates oder gezielte Attacken.
Ein einzelner Vorfall kann weitreichende Konsequenzen haben: Betriebsunterbrechungen, Ausfälle von Flugsicherungsdiensten, Verzögerungen im Passagierverkehr, hohe Kosten für Wiederherstellung und Schadensersatzforderungen. Zudem drohen langfristige Reputationsverluste.
Mit der zunehmenden Integration von Künstlicher Intelligenz und Cloud-Services in operative Prozesse wird Cyber-Sicherheit zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor – und erfordert massive Investitionen in Prävention, Monitoring und Notfallmanagement.


