Akademisierung der Gesellschaft führt zu Fachkräftemangel

Januar 2, 2025

Die Sicherheitsbranche leidet zunehmend unter Fachkräfte- und Nachwuchsmangel, was in der Tat eine große Herausforderung für die Branche darstellt. Diese Situation könnte tatsächlich mit der fortschreitenden Akademisierung der Gesellschaft und den damit verbundenen strukturellen Veränderungen in der Arbeitswelt zusammenhängen. Im Jahr 2024/2025 wird diese Thematik von verschiedenen Wirtschaftswissenschaftlern und anderen Akteuren im wirtschaftlichen Umfeld im Kontext von Joseph Schumpeters* Thesen diskutiert. Es lohnt sich, Schumpeters Theorien in diesem Zusammenhang zu betrachten, um die Ursachen und mögliche Lösungen für den Fachkräftemangel in der Sicherheitsbranche besser zu verstehen.

Akademisierung der Gesellschaft und ihre Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte

Die zunehmende Akademisierung der Gesellschaft hat in vielen Bereichen dazu geführt, dass immer mehr junge Menschen ein Studium aufnehmen und höhere Bildungsabschlüsse anstreben. Dies wird durch eine gesellschaftliche Erwartung verstärkt, dass Bildung der Schlüssel zu einem besseren Leben ist, was zu einer Verlagerung von Interesse und Ressourcen von praktischen Berufen hin zu akademischen Laufbahnen führt. Ein großer Teil der Arbeitsmärkte hat sich darauf eingestellt, dass hochqualifizierte Fachkräfte aus den akademischen Bereichen kommen, insbesondere in den Technologiebereichen, der Wirtschaft und den Dienstleistungen.

In vielen Branchen führt diese Verschiebung jedoch zu einem Mangel an qualifizierten Fachkräften für Berufe, die eine praxisorientierte Ausbildung oder eher handwerkliche Fähigkeiten erfordern – und die Sicherheitsbranche ist ein gutes Beispiel. Sicherheitsmitarbeiter benötigen eine spezialisierte Ausbildung, die nicht notwendigerweise einen akademischen Hintergrund erfordert, sondern eher praktische Fähigkeiten und ein tiefes Verständnis für Sicherheitsstrategien und -techniken.

Der Fachkräftemangel in der Sicherheitsbranche

Der Fachkräftemangel in der Sicherheitsbranche lässt sich zum Teil durch die Akademisierung erklären. Immer mehr junge Menschen streben nach akademischen Abschlüssen und konzentrieren sich auf Berufe, die als gesellschaftlich prestigeträchtiger oder finanziell lukrativer angesehen werden. Dies führt zu einem Mangel an qualifizierten Fachkräften für Berufe, die in den Augen vieler nicht das gleiche gesellschaftliche Ansehen genießen.

Darüber hinaus hat die zunehmende Bürokratisierung und Technologisierung des Arbeitsmarktes dazu geführt, dass Arbeitskräfte zunehmend spezialisierte, aber oft bürokratisch geprägte Berufe anstreben. Für viele junge Menschen sind Jobs im Sicherheitssektor nicht so attraktiv, da sie als „unterwertig“ oder weniger herausfordernd angesehen werden, vor allem im Vergleich zu Berufen, die eine akademische Ausbildung voraussetzen, wie etwa in den Bereichen Ingenieurwesen, IT oder Finanzwesen.

Schumpeter und die Sicherheitsbranche

Schumpeter könnte diese Entwicklung als eine Form der schöpferischen Zerstörung betrachten, bei der sich der Arbeitsmarkt immer weiter spezialisiert und bestehende Branchen wie die Sicherheitsbranche aus dem allgemeinen Trend der wirtschaftlichen Modernisierung herauszufallen drohen. Diese Umstrukturierung könnte Schumpeter als eine schmerzhafte, aber letztlich notwendige Transformation sehen, die den Kapitalismus langfristig stärkt, indem sie auf neue, wissensbasierte Sektoren und Industrien ausgerichtet wird.

Allerdings würde Schumpeter auch das Potenzial einer solchen Transformation hinterfragen: Wenn Innovation und technologischer Fortschritt in Bereichen wie IT und Finanzen vorangetrieben werden, könnte dies auch die Sicherheitsbranche – die traditionell auf Praktikern und weniger auf theoretischem Wissen beruht – langfristig entwerten. In diesem Sinne könnte die starke Fokussierung auf akademische Qualifikationen und technologische Innovationen dazu führen, dass praktische und handwerkliche Berufe zunehmend als weniger relevant angesehen werden.

Mögliche Lösungen und Auswege

In der aktuellen Diskussion um den Fachkräftemangel in der Sicherheitsbranche könnte Schumpeters Ideen zur schöpferischen Zerstörung auch in Form von Lösungen angewendet werden. Die Branche könnte sich der Notwendigkeit einer Innovation und Neuorganisation stellen, indem sie versucht, sich von der akademischen Dominanz und der Bürokratisierung zu befreien und stattdessen eine stärkere Praxisorientierung zu entwickeln.

Ein möglicher Ansatz könnte darin bestehen, die Attraktivität der Sicherheitsberufe zu steigern, indem man diese Berufe als ebenso innovativ und dynamisch darstellt wie akademische Berufe. Beispielsweise könnte die Sicherheitsbranche stärker auf moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz, Drohnen und Cybersecurity setzen, um die Branche zu modernisieren und junge, technikaffine Menschen anzusprechen. So könnte die Sicherheitsbranche als hoch spezialisierter und hochqualifizierter Sektor wieder attraktiv werden, der den Bedürfnissen der modernen Arbeitswelt gerecht wird, ohne sich ausschließlich an der akademischen Bildung zu orientieren.

Fazit

Der Fachkräftemangel in der Sicherheitsbranche und die zunehmende Akademisierung der Gesellschaft werfen ein vielschichtiges Licht auf die Herausforderungen, mit denen der Kapitalismus und die Arbeitsmärkte im 21. Jahrhundert konfrontiert sind. Schumpeters Theorien zur schöpferischen Zerstörung und zur Dynamik der wirtschaftlichen Transformation sind in diesem Zusammenhang nach wie vor von enormer Relevanz. Besonders seine Überlegungen aus „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“ (1942), dass eine zunehmende Akademisierung zur Entstehung eines unterbeschäftigten akademischen Prekariats führen könnte, bieten wertvolle Einsichten.

Schumpeter prognostizierte, dass das akademische System – als Zentrum kritischer Intellektualität – den Kapitalismus gefährden könnte, indem es eine Generation von überqualifizierten, aber unterbeschäftigten Arbeitskräften hervorbringt, die nicht in den sich wandelnden Arbeitsmarkt integriert werden können. In Bezug auf die Sicherheitsbranche lässt sich diese Vorstellung in der heutigen Zeit nachvollziehen: Die Zunahme akademischer Abschlüsse und die Verschiebung von praxisorientierten zu akademischen Berufen haben in vielen Bereichen zu einem Mangel an qualifizierten Fachkräften geführt, die in praktischen, sicherheitsrelevanten Berufen tätig sein könnten. Schumpeters Warnung, dass die intellektuelle und bürokratische Elite den Innovationsdrang des Kapitalismus unterdrücken könnte, wird in dieser Entwicklung sichtbar.

Doch Schumpeters Vorstellungen beinhalten auch eine Lösung, die Universitäten und Hochschulen zur Verringerung des akademischen Prekariats und zur Förderung von Innovation und Unternehmertum anwenden können. Indem sie sich auf kreative Zerstörung berufen und ihre Lehrpläne flexibel an die sich ständig verändernden Bedürfnisse des Arbeitsmarktes anpassen, könnten Hochschulen die Innovationskraft ihrer Absolventen fördern und diese besser auf die Herausforderungen eines dynamischen Marktes vorbereiten. Universitäten könnten dabei interdisziplinäre Ansätze stärker integrieren und Programme entwickeln, die unternehmerisches Denken und praxisorientierte Fähigkeiten fördern – nicht nur in Business Schools, sondern in allen Fachbereichen.

Ein solcher Ansatz würde nicht nur den Fachkräftemangel in Bereichen wie der Sicherheitsbranche verringern, sondern auch das akademische Prekariat bekämpfen, indem er den Studierenden die Werkzeuge an die Hand gibt, um selbst Arbeitsplätze zu schaffen, statt nur nach einem bestehenden Job zu suchen. Diese Art der Ausbildung würde den Studierenden nicht nur theoretische Kenntnisse vermitteln, sondern sie auch für die Realität eines sich ständig verändernden Arbeitsmarktes wappnen. Schumpeter betonte in diesem Kontext immer wieder die Bedeutung von Unternehmern als „Innovatoren“, die neue Wirtschaftsstrukturen erschaffen und bestehende Märkte verändern. Indem Universitäten verstärkt auf unternehmerische Programme und flexible Bildungsansätze setzen, könnte ein kreativer, unternehmerischer Geist gefördert werden, der in traditionellen, weniger innovativen Bereichen wie der Sicherheitsbranche dringend gebraucht wird.

Zusätzlich zu den universitären Bildungsmodellen sollte jedoch die Bedeutung der betrieblichen Ausbildung, der dualen Ausbildung und der betrieblichen Weiterbildung stärker in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt werden. Diese Formate bieten eine entscheidende Brücke zwischen akademischer Theorie und praktischer Anwendung und stellen sicher, dass Fachkräfte nicht nur Wissen erwerben, sondern auch praxisorientiert und marktnah ausgebildet werden. Die duale Ausbildung ermöglicht es, berufliche Fähigkeiten direkt im Betrieb zu erlernen und fördert somit eine engere Verzahnung zwischen den Bedürfnissen der Wirtschaft und der Ausbildung von Fachkräften. Gleichzeitig trägt betriebliche Weiterbildung dazu bei, dass Fachkräfte sich kontinuierlich weiterentwickeln und ihre Fähigkeiten den ständig wechselnden Anforderungen des Arbeitsmarktes anpassen können.

Die Sicherheitsbranche – wie viele andere Sektoren – benötigt nicht nur akademisch ausgebildete Fachkräfte, sondern auch gut ausgebildete Praktiker, die sich durch fundiertes praktisches Wissen auszeichnen. Schumpeter erkannte, dass Unternehmer und innovative Denker nicht nur aus den Hochschulen kommen, sondern auch aus den praktischen Sektoren der Wirtschaft. Ein stärkerer Fokus auf betriebliche Ausbildung und interne Weiterbildungsprogramme würde den Unternehmen helfen, qualifizierte Arbeitskräfte zu entwickeln, die den spezifischen Anforderungen ihrer Branche gerecht werden. Dies ist besonders relevant in Sektoren wie der Sicherheitsbranche, wo technologische Entwicklungen und komplexe Anforderungen ein hohes Maß an Fachwissen und Praxisnähe erfordern.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Schumpeters Analysen zur Dynamik des Kapitalismus und zur Rolle der Akademia nach wie vor wertvolle Impulse für die heutige Diskussion liefern. Die Sicherheitsbranche, ebenso wie viele andere Sektoren, steht vor der Herausforderung, den Spagat zwischen einer zunehmend akademisierten Gesellschaft und den praktischen, oft unakademischen Anforderungen des Arbeitsmarktes zu meistern. Um dieser Herausforderung zu begegnen, müssen sowohl die Hochschulen als auch die Industrie ihre Ansätze anpassen und die Ideen Schumpeters von Flexibilität, Innovation und Unternehmertum stärker in den Mittelpunkt rücken. Nur so kann das bestehende Ungleichgewicht im Arbeitsmarkt überwunden und die Innovationskraft des Kapitalismus langfristig erhalten bleiben. Die Verknüpfung von akademischer Ausbildung, betrieblicher Praxis und kontinuierlicher Weiterbildung wird der Schlüssel sein, um den Fachkräftemangel zu lindern und gleichzeitig die Innovationskraft in Bereichen wie der Sicherheitsbranche zu fördern.

* Joseph Schumpeter (1883–1950) ist bekannt für seine bahnbrechenden Arbeiten zur Dynamik des Kapitalismus und die Theorie der schöpferischen Zerstörung, die er als den Hauptmotor wirtschaftlichen Fortschritts betrachtete. Schumpeter beschrieb den Kapitalismus als ein System, das sich ständig durch Innovation und technologische Veränderungen selbst erneuert und dabei bestehende Wirtschaftsstrukturen und Arbeitsmärkte zerstört, um neue zu schaffen. Diese Innovationen seien von Unternehmern oder „Innovatoren“ getrieben, die den Status quo herausfordern und neue Märkte erschließen.

In seinen späteren Arbeiten äußerte Schumpeter auch Bedenken, dass die zunehmende Bürokratisierung und die Entstehung großer, starrer Unternehmenskulturen die Innovationskraft des Kapitalismus behindern könnten. Diese Entwicklung könne von einer immer stärker akademisierten Gesellschaft begleitet werden, in der sich der Fokus von praktischen Fähigkeiten und handwerklicher Arbeit auf theoretische Ausbildung verschiebe. In diesem Kontext könnte die Sicherheitsbranche ein interessantes Beispiel für Schumpeters Thesen darstellen.

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