Der Trendreport von Allianz Commercial liefert Daten zu Protesthäufigkeiten und regionalen Risiken

April 23, 2025

DOWNLOAD ALLIANZ COMMERCIAL TRENDREPORT

Krisenherd Straße: Wie politische Gewalt und zivile Unruhen Unternehmen 2025 an ihre Belastungsgrenze führen

Die weltweite Zunahme politisch motivierter Gewalt und zivilen Unruhen hat sich 2024 und 2025 zu einem der dringlichsten Geschäftsrisiken entwickelt. Laut dem aktuellen Trendreport 2025 zu politischer Gewalt und zivilen Unruhen von Allianz Commercial betrachten Unternehmen und Versicherer in Deutschland wie international Demonstrationen, Aufstände und Ausschreitungen inzwischen als eines der zehn größten Geschäftsrisiken. Dieser Artikel beleuchtet die neuesten statistischen Erkenntnisse, skizziert Bedrohungsszenarien für Betriebe und zeigt wirksame Strategien für Risikomanagement und Versicherungsschutz auf.

Explosives Wachstum der Protestereignisse

Seit 2017 wurden in über 150 Ländern mehr als 800 bedeutende Proteste gegen Regierungen registriert – allein 160 davon im Jahr 2024, und 18 Prozent dieser Protestbewegungen zogen sich über mehr als drei Monate hin . In den 20 Ländern mit der höchsten Protesthäufigkeit verzeichnete Allianz Research mehr als 80.000 Zwischenfälle im Jahr 2024 – Spitzenreiter waren Indien (18 626 Ereignisse), die USA (8 549), Frankreich (5 517), Deutschland (4 068) und die Türkei (3 729). Besonders beunruhigend: 2024 stieg die Zahl der Proteste in Deutschland um 35,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Weltweit betrachteten 51 Prozent der Befragten im Allianz Risk Barometer SRCC (Streiks, Riots, Civil Commotion) als größte Sorge – mehr als Krieg (48 %), Versorgungskettenunterbrechungen (41 %), Terrorismus und Sabotage (40 %) oder Protektionismus (31 %). In Kolumbien, Frankreich, Südafrika und den USA rangiert zivile Unruhe gar auf Platz 1 im Länderranking.

Regionale Risikoprofile

Die Threat-Perception variiert deutlich nach Region. In Europa nannten 60 Prozent zivile Unruhen als Top-Risiko, gefolgt von Krieg (59 %) und Terrorismus/Sabotage (48 %). In Nord- und Südamerika fürchten 42 Prozent Unruhen und 43 Prozent Krieg, während in Asien-Pazifik 36 Prozent Unruhen, 44 Prozent Krieg und 30 Prozent Terrorismus als größtes Risiko sehen. Afrika/Naher Osten melden 48 Prozent Angst vor Unruhen und 43 Prozent Sorge um Terroranschläge.

National betrachtet stuften in Deutschland 55 Prozent zivile Unruhen und ebenso viele Krieg als Top-Risiko ein; 45 Prozent nannten Lieferkettenunterbrechungen und 38 Prozent Terrorismus. In Frankreich fürchten gar 80 Prozent Unruhen, 48 Prozent Krieg und Lieferketten- sowie Terrorrisiken . Ähnlich hoch liegen die Werte in Großbritannien (62 % Unruhen, 56 % Krieg, 56 % Lieferketten) und in den USA (58 % Unruhen, 53 % Lieferketten, 47 % Krieg). In Italien dominieren Krieg (80 %) und Lieferketten (64 %) als Hauptsorgen. In Südafrika sehen 79 Prozent zivile Unruhen als größte Bedrohung, während Terror und Lieferketten nur 30 bzw. 27 Prozent erreichen.

Gefährdete Branchen und Standorte

Unternehmen können selten wählen, Ziel eines Gewaltaktes zu werden. Häufig betroffen sind laut Allianz Commercial:

  • Regierungs- und Behördengebäude – in mehr als 150 Ländern Schauplatz regierungskritischer Proteste.
  • Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsdrehkreuze – Blockaden führen zu Lieferengpässen.
  • Einzelhadel (insbesondere Luxusgüter, Apotheken, Filialen ausländischer Marken) – Symbolcharakter macht sie Ziel von Plünderungen.
  • Kritische Anlagen wie Tankstellen, Versorgungsnetze und Logistikzentren – schwere Betriebsstörungen sind hier möglich.
  • Tourismus und Gastgewerbe – Reiseverbote verstärken ökonomischen Druck.
  • Fertigungsstätten mit just-in-time-Modellen – Unterbrechungen wirken sich sofort global aus.

Terrorismus und Extremismus

Parallel zu zivilen Unruhen wächst die Terrorgefahr: 2024 tötete der Islamische Staat (IS) laut Global Terrorism Index über 1.800 Menschen in 22 Ländern – die höchste Opferzahl aller Terrororganisationen. Im Westen stiegen islamistische Anschläge um 63 Prozent, in Europa verdoppelte sich deren Zahl auf 67. Zugleich nehmen rechte und linke Einzeltäter zu: Über 100 extremistische Vorfälle wurden in den USA und Deutschland gemeldet. Einzelakteure agieren „lone wolf“-artig, was Prävention und Strafverfolgung erschwert.

Hybride Sabotageakte

Die Allianz-Analysen dokumentieren einen dramatischen Anstieg verdeckter Sabotageakte durch staatlich unterstützte Agenten: In Europa stiegen solche Vorfälle von 13 im Jahr 2023 auf 44 in 2024. Ziele waren Unterseekabel, Pipelines und Wasserversorgungssysteme in Schweden, Deutschland und Finnland. Auch Logistikanbieter wie DHL und zivile Schifffahrt gerieten ins Visier mutmaßlicher Spionageschiffe. Diese „Grey-Zone“-Angriffe dauern trotz möglicher Kriegsenden weiter an.

Cyber-physische Angriffe

Moderne Cyberangriffe richten sich vermehrt gegen physische Infrastruktur. Alte Industriesteuerungssysteme (ICS) und Operational Technology (OT) sind oft löchrig gepatcht. Beispiele:

  • Raffinerien: Manipulierte HMIs können Feuer oder Explosion auslösen.
  • Wassernetzwerke: 2024 belegte die Gruppe „Cyber Army of Russia Reborn“ Wasseraufbereitungsanlagen in Texas und Indiana.
  • Pipeline- und Energieversorgung: Ransomware-Angriffe wie 2021 auf Colonial Pipeline unterbrachen monatelang den Treibstofffluss.
  • Flughafen- und Bahninfrastruktur: Funkmanipulation im polnischen Eisenbahnsystem im August 2023 führte zu Notbremsungen und Chaos..

57 Prozent der Unternehmen weltweit sehen Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur als Top-2-Risiko.

Klimaproteste auf dem Vormarsch

Der abnehmende politische Wille zur Energiewende befeuert militant-ökologische Aktionen. Zwischen 2022 und 2023 stiegen klimabezogene Störaktionen um 120 Prozent, von Brandanschlägen auf Strommasten in Deutschland bis zum Durchtrennen von Versichererkabeln in Großbritannien. 41 Prozent der jungen Erwachsenen (18–34) unterstützen feindseligen Aktivismus, um gesellschaftliche Veränderungen zu erzwingen

Konsequenzen für Risikomanagement und Versicherung

Angesichts dieser Vielschichtigkeit müssen Unternehmen proaktiv handeln. Ein Business-Continuity-Plan (BCP) sollte alle politischen Szenarien – Unruhen, Terror, Sabotage, Cyberattacken – umfassen und mindestens einmal pro Jahr geprobt werden. Standortanalysen identifizieren besonders gefährdete Anlagen, um Schutzmaßnahmen und Inventarstrategie anzupassen. Sachversicherungen decken in der Regel Basisrisiken aus SRCC ab, während spezielle Political Violence & Terrorism (PVT)-Policen maßgeschneiderte Deckungen gegen Aufstände, Terror, Kriegs- und Sabotagerisiken bieten. Die Nachfrage nach PVT-Rider stieg 2024 um über 20 Prozent, nicht nur bei globalen Konzernen, sondern auch zunehmend im KMU-Segment.

KMU sind besonders gefährdet: Politische Risiken tauchen erstmals in den Top 10 der Sorgen kleiner Unternehmen (Umsatz < 100 Mio. USD) auf, auf Platz 10, während sie im Mittelstand (100–500 Mio. USD) Platz 9 belegen. Eingeschränkte Budgets und regionale Abdeckung erschweren Verlagerungen und Notfallmaßnahmen.

Fazit

Politische Gewalt und zivile Unruhen sind 2025 kein Randphänomen, sondern omnipräsente Geschäftsrisiken. Die Kombination aus massenhaften Protesten, Terroranschlägen, hybrider Sabotage, cyber-physischen Angriffen und militantem Umweltaktivismus fordert Unternehmen heraus, ihre Risikostrategien umfassend zu überdenken. Nur wer seine Kontinuitätspläne modernisiert, Versicherungen gezielt erweitert und operative Resilienz erhöht, kann materielle Schäden begrenzen, die Sicherheit der Mitarbeitenden gewährleisten und die Geschäftskontinuität in unruhigen Zeiten sichern.

Related Articles

Viele nutzen KI, aber nur wenige bezahlen dafür

Viele nutzen KI, aber nur wenige bezahlen dafür

8 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer von generativer KI verwenden kostenpflichtige Angebote 6 von 10 wollen auch künftig kostenlose Angebote einsetzen Mit KI werden inzwischen fast genauso häufig Bilder erstellt wie Texte In Deutschland dominieren aktuell bei...

Rezession hält Deutschland im Würgegriff

Rezession hält Deutschland im Würgegriff

Konjunkturprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft sieht Schrumpfkurs um 0,2 Prozent Laut der neuen Konjunkturprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) schrumpft die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,2 Prozent. Die Experten begründen die...

Share This