Glosse: Vom Flämmchen zum Fortschritt – Brandenburg digitalisiert die Feuerwehr

Oktober 8, 2025

Es ist ein Meilenstein der Verwaltungsmoderne: Brandenburgs Feuerwehren können ihre Ausrüstung jetzt online bestellen. Vom Einsatzhelm bis zum Löschgruppenfahrzeug – alles nur noch ein paar Klicks entfernt. „Mit wenigen Klicks zum neuen Feuerwehrauto“, verkündet das Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg (MIK) stolz, als handele es sich um einen Sommerschlussverkauf und nicht um den Ernstfall zwischen Rauch und Realität.

Was nach einem kleinen Schritt für die IT-Abteilung klingt, soll ein großer Sprung für die kommunale Selbstverwaltung sein. Innenminister René Wilke sieht darin „Entlastung für Kommunen und weniger bürokratischen Aufwand“ – ein Versprechen, das in deutschen Amtsstuben ungefähr so verführerisch klingt wie „Feuer frei!“ bei der Jahreshauptversammlung.

Zweifellos: Die Vorteile sind evident.

Zentrale Beschaffung bedeutet Bündelung von Ressourcen, Rechtssicherheit und ökonomische Synergieeffekte – Worte, die schon beim Lesen nach Effizienz klingen. Der Flickenteppich individueller Ausschreibungen wird ersetzt durch einen geordneten, landesweiten Standard. Das spart nicht nur Geld, sondern schafft auch Einheitlichkeit in der Ausstattung, was im Katastrophenfall durchaus sinnvoll ist. Brandenburg als „bundesweiter Vorreiter“, wie das MIK stolz betont, – das liest man hierzulande nicht oft und darf es deshalb mit einem gewissen Stolz zur Kenntnis nehmen.

Doch der Fortschritt hat seine Flammenwerferseite.

Wo Standardisierung zur Tugend erklärt wird, droht der Verlust lokaler Anpassungsfähigkeit. Eine Feuerwehr im Spreewald hat andere Herausforderungen als eine in der Uckermark – und doch klicken beide künftig durch dasselbe Online-Menü. Das digitale Bestellwesen entlastet, ja, aber es entmündigt auch ein Stück weit: Wer auf die Standardausstattung des Zentraldienstes der Polizei (ZDPol) setzt, hat weniger Raum für individuelle Lösungen und technische Eigenheiten, die in der Praxis den Unterschied machen.

Und über allem schwebt die stille Ironie des Digitalen: Der Brand der Bürokratie soll gelöscht werden – mit noch mehr Technik. Die Effizienz der Verwaltung wird gefeiert, während die digitale Abhängigkeit wächst. Ein Systemausfall, ein Software-Update, ein Serverproblem – und plötzlich steht der virtuelle Fuhrpark still. Der nächste Alarm könnte dann nicht aus der Leitstelle, sondern aus dem Rechenzentrum kommen.

So bleibt das Fazit zwiespältig – wie jede Reform, die Effizienz predigt und Vielfalt opfert.

Der Online-Shop des Innenministeriums für Feuerwehrautos ist ein Symbol für das Zeitalter, in dem öffentliche Daseinsvorsorge in Formulare und Drop-down-Menüs gegossen wird. Fortschritt, zweifellos. Aber einer, der den Geruch von Diesel gegen den Duft frischer Bürokratie tauscht.

Brandenburgs Feuerwehren können also künftig online löschen – zumindest symbolisch. Ob das Feuer der Begeisterung auch die Praxis übersteht, wird sich zeigen, sobald der erste Browser abstürzt.

—- Maria Lehmen —-

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