Warum Fusionen und Übernahmen nicht immer die beste Lösung sind
In der deutschen Sicherheitsbranche ist seit Jahren ein Trend zu beobachten, der die Branche zunehmend prägt: die zunehmende Konzentration durch Fusionen und Übernahmen. Während solche fusionenbasierte Wachstumsstrategien zunächst eine Lösung für Unternehmen bieten, die in einem wettbewerbsintensiven Markt bestehen wollen, hat diese Entwicklung auch einen erheblichen Preis: die Substanz der Branche ist verloren gegangen, und die Innovationskraft ist dramatisch gesunken. Die mittelständische Struktur, die einst das Rückgrat der Branche bildete, ist zunehmend durch große, fusionierte Konzerne ersetzt worden, deren Fokus oftmals nicht mehr auf nachhaltigem Wachstum liegt, sondern auf kurzfristigen Effizienzgewinnen.
Die Wissenschaft hat sich nun ebenfalls mit dieser Entwicklung auseinandergesetzt und stellt fest, dass organisches Wachstum – also das Wachstum durch eigene Expansion und Innovation – langfristig der stabilere und erfolgreichere Weg ist. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der University of Michigan zeigt auf, warum dies so ist, und stellt das traditionelle Narrativ von Fusionen und Übernahmen infrage.
Die Finanzkrise 2008: Ein Wendepunkt für Unternehmensstrategien
Die Studie basiert auf Daten aus der Finanzkrise von 2008 und wirft einen Blick auf die Auswirkungen der Krise auf Unternehmenswachstum und -strategien. Während die Krise zu massiven Arbeitsplatzverlusten führte und viele Unternehmen in ernsthafte Schwierigkeiten stürzten, zeigte sich ein klarer Trend: Der Großteil des Wachstumsrückgangs war auf Entlassungen in bestehenden Betrieben zurückzuführen. Die Wirtschaft erholte sich nur langsam, und das organische Wachstum, das auf der Erweiterung bestehender Strukturen und der Schaffung neuer Arbeitsplätze basiert, litt unter dieser Entwicklung.
Ein entscheidender Punkt der Studie ist die Erkenntnis, dass die sogenannten transaktionalen Wachstumsstrategien – also Fusionen und Übernahmen – häufig zwar mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit korrelieren, aber nicht unbedingt zu einer nachhaltigen Schaffung neuer Werte führen. Im Gegenteil: Unternehmen, die auf organisches Wachstum setzten, mussten nicht nur weniger Entlassungen vornehmen, sondern zeigten auch langfristig eine stabilere Entwicklung.
Rückgang der Unternehmensgründungen und der Innovationskraft
Ein weiteres besorgniserregendes Ergebnis der Studie ist der signifikante Rückgang der Unternehmensgründungen nach der Finanzkrise. Neue Unternehmen sind traditionell ein Motor für Innovation und wirtschaftliches Wachstum, doch in den Jahren nach der Krise stieg die Zahl der Neugründungen nur langsam an. Dies könnte auf die zunehmende Konzentration in der Sicherheitsbranche hinweisen, in der der Wettbewerb durch Fusionen und Übernahmen verringert wurde, was das Innovationspotenzial erheblich hemmt. Gerade im deutschen Mittelstand, der in der Sicherheitsbranche lange eine treibende Kraft war, fehlt es heute häufig an der Dynamik und der Risikobereitschaft, die für die Gründung neuer Unternehmen nötig wären.
Wenig überraschend ist auch, dass Fusionen und Übernahmen in Krisenzeiten häufig nicht die erhofften Vorteile brachten. Die Studie dokumentiert, dass der Pool potenzieller Käufer und Investoren nach der Finanzkrise drastisch geschrumpft war, was die Chancen für erfolgreiche Übernahmen und Verkäufe stark einschränkte. Die Vorteile von M&A-Transaktionen (Mergers & Acquisitions) wurden somit deutlich verringert, und viele Unternehmen gerieten in Schwierigkeiten, weil sie sich auf transaktionale Wachstumsstrategien verlassen hatten, anstatt auf eigenes, organisches Wachstum.
Junge Unternehmen und das Dilemma der Wachstumsdynamik
Ein weiteres überraschendes Ergebnis der Studie betrifft das Wachstum junger Unternehmen im Vergleich zu etablierten Firmen. Die Forschung stellte fest, dass junge Unternehmen in den Jahren nach der Finanzkrise langsamer wuchsen als größere, etablierte Firmen – entgegen der gängigen Annahme, dass Start-ups per se schneller wachsen und innovativer sind. Der Grund liegt in der begrenzten Management-Kompetenz junger Unternehmen, die oft jahrelange Entwicklung benötigen, um stabile Strukturen und Fachwissen aufzubauen. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind es die etablierten Unternehmen mit ihrer Erfahrung und Ressourcen, die in der Lage sind, schneller auf Herausforderungen zu reagieren und nachhaltige Wachstumsstrategien zu entwickeln.
Diese Erkenntnis trifft insbesondere auf die Sicherheitsbranche zu, in der gerade mittelständische Unternehmen traditionell eine Schlüsselrolle in der Innovationskraft und Flexibilität spielten. Diese Unternehmen sind heute jedoch zunehmend in ihrer Entwicklung gehemmt, da viele von ihnen durch Fusionen oder Übernahmen in größere, weniger agile Strukturen integriert wurden. Der Verlust der Mittelstandsstruktur hat somit nicht nur die Innovationskraft der Branche geschwächt, sondern auch das dynamische Wachstum, das in Krisenzeiten besonders wichtig wäre.
Fazit: Organisches Wachstum als langfristiger Erfolgsfaktor
Die Studie der University of Michigan belegt eindeutig, dass organisches Wachstum langfristig die stabilere und nachhaltigere Wachstumsstrategie darstellt. Unternehmen, die auf ihre eigene Entwicklung und Expansion setzen, investieren in ihre eigene Zukunft und schaffen stabile, auf langfristigen Erfolg ausgerichtete Strukturen. In der deutschen Sicherheitsbranche, die derzeit von Fusionen und Übernahmen dominiert wird, könnte der Weg zurück zu mehr organischem Wachstum ein Schlüssel zur Erholung und langfristigen Stabilität sein.
Die Branche sollte ihre Wachstumsstrategien neu ausrichten und sich stärker auf die Förderung innovativer Ideen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze konzentrieren. Das organische Wachstum, das auf einer soliden Basis von Fachwissen, Erfahrung und Innovationskraft beruht, ist der langfristige Erfolgsweg, der nicht nur die Stabilität der Unternehmen sichert, sondern auch die gesamte Branche stärkt. Fusionen und Übernahmen mögen in Krisenzeiten als Lösung erscheinen, aber für eine gesunde, zukunftsfähige Entwicklung ist es der Aufbau von neuen Ideen und Strukturen, der das Fundament für eine stabile Wirtschaft bildet.
In einer Welt, die zunehmend von Unsicherheit und schnell wechselnden Märkten geprägt ist, müssen Unternehmen ihre langfristige Resilienz aufbauen, indem sie in organisches Wachstum und Innovation investieren – und nicht in kurzfristige fusionenbasierte Lösungen. Der Weg der kontinuierlichen, nachhaltigen Entwicklung wird dabei nicht nur die einzelnen Unternehmen stärken, sondern auch die gesamte Branche auf ein solides Fundament stellen, das den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist.