Es gibt Wünsche, die man erwartet, und dann gibt es die Wünsche der sogenannten „Digital Natives“. Neun Millionen Deutsche träumen zu Weihnachten von Games – ein Phänomen, das die Generation bis 35 Jahre besonders intensiv erfasst. Von den neuesten Blockbuster-Titeln bis hin zu obskuren Indie-Games – der Gabentisch wird digital. Doch mit der Vorfreude stellt sich die Frage: Weiß die Generation, die sich Games wünscht, eigentlich, was sie da in den Händen hält?
Die Ironie der digitalen Kompetenz
Die Jugend wird oft als technisch versiert dargestellt. Doch wie oft endet ein simpler Versuch, den Router neu zu starten, in einem panischen Anruf bei den Eltern? Es ist die paradoxe Realität: Wir haben eine Generation, die fließend „WASD“ spricht, aber beim Einrichten einer VR-Brille schneller in der Hotline landet als im virtuellen Raum. Es sind dieselben Menschen, die komplexe Strategien in Echtzeitspielen meistern, aber eine Excel-Tabelle wie eine historische Schriftrolle behandeln.
Hardware-Hunger und Ahnungslosigkeit
Neben Games selbst stehen Gaming-Hardware und Zubehör hoch im Kurs. Konsolen, Handheld-Geräte oder VR-Brillen – der Wunschzettel klingt wie das Inhaltsverzeichnis eines Tech-Katalogs. Doch spätestens wenn die Virtual-Reality-Brille ausgepackt wird, kommt die große Ernüchterung: „Wie verbinde ich das nochmal mit dem WLAN?“ Und wer glaubt, dass Gaming-PCs einfach zu bedienen sind, der hat noch nie versucht, ein Grafikkarten-Update während des Weihnachtsessens zu installieren.
Geschenk mit Anleitung gesucht
Ein weiterer Favorit: Guthabenkarten für Gaming-Abos oder Shops. Eine clevere Wahl, denn sie kommen ohne Kabelsalat oder Einrichtung aus. Doch selbst hier lauern Hürden: Welcher Store passt zu welchem Gerät? Ist das Passwort überhaupt bekannt, oder hat es sich im endlosen Kosmos von „Passwort123“ und „Das-ist-es-bestimmt“ verloren? Der einfache Wunsch nach einem digitalen Geschenk wird zum Experiment in Geduld – besonders für die Schenkenden.
Games und die Generation Kultur
Beeindruckend bleibt dennoch der Einfluss der Gaming-Welt. Bücher, Filme und Musik, inspiriert von Spielen, stehen ebenso hoch im Kurs. Hier scheint sich die Generation auf sicherem Terrain zu bewegen: Konsumieren geht immer. Nur die Steuerung im Leben, sei es durch echte Aufgaben oder technische Selbsthilfe, scheint den Schwierigkeitsgrad eines Souls-like-Spiels zu erreichen.
Fazit: Freude mit Frustpotenzial
Wenn unter dem Weihnachtsbaum ein Spiel liegt, ist die Freude groß. Doch diese Freude wird oft von der Realität eingeholt: dem Kampf mit der Technik, der Geduld und vielleicht auch mit den eigenen Grenzen der digitalen Kompetenz. Weihnachten zeigt nicht nur, was sich die Generation unter 35 wünscht – sondern auch, was sie (noch) lernen könnte.
Maria Lehmen