Kommentar: Berlin-Mitte driftet in Unsicherheit – und die Rechnung zahlen die Geschäftsleute

November 20, 2025

Die jüngsten Vorfälle in Berlin-Mitte – zerstörte Schaufenster, nächtliche Angriffe mit schweren Gegenständen, Farbbeutelattacken und Brandanschläge auf lokale Geschäfte – haben ein Klima geschaffen, das sich nicht mehr mit zufälligem Vandalismus erklären lässt. Die Berichterstattung – „Man weiß nie, ob morgen alles noch ganz ist“ – Ladenbesitzer kämpfen in Mitte um ihre Existenz“, Berliner Zeitung vom 19.11.2025 – über mehrere betroffene Läden, von Cafés bis Apotheken, zeichnet ein Gesamtbild: In zentralen Straßenzügen wächst die Zahl der Angriffe, die Motive bleiben diffus, und die Täter bleiben in vielen Fällen unerkannt.

Für die Betreiber vor Ort bedeutet das nicht nur Sachschäden. Es bedeutet ein Geschäftsleben im Ausnahmezustand. Wer Ladenflächen an der Oranienburger Straße, der Friedrichstraße oder rund um die Hackeschen Höfe betreibt, muss inzwischen einkalkulieren, dass die Nacht nicht nur Umsatz, sondern auch Zerstörung bringen kann.

Und das verändert den Kiez mehr als jeder Mietspiegel.

Schaden, Stress, Stillstand: Wenn die Innenstadt zum Risiko wird

Die betroffenen Unternehmen berichten von langen Reparaturzeiten, ausbleibender Kundschaft nach Angriffen, Versicherungsstreitigkeiten und der Sorge, erneut Ziel zu werden. Eine beschädigte Scheibe ist schnell ersetzt – das Vertrauen in die Sicherheit der eigenen Existenz nicht.

Berlin lebt wirtschaftlich von kleinen Unternehmen: Gastronomie, Handel, Dienstleistungen, Einzelmarken, lokale Start-ups. Doch genau diese Akteure scheinen zunehmend Spielball von Gewalt und politisch motivierten Aktionen zu werden, ohne dass der Staat ein glaubwürdiges Schutzversprechen abgibt.

Die Stadt profitiert von Gewerbesteuern, Tourismus und einer lebendigen Innenstadt – aber sie tut zu wenig, um genau jene Akteure zu schützen, die dieses Leben schaffen.

Ein strukturelles Problem – kein Zufall

Dass die Angriffe völlig unterschiedliche Branchen treffen und in ihrer Art variieren – von Farbbeuteln über Glasbruch bis hin zu Brandstiftung – macht die Lage gefährlicher. Sie lassen sich weder auf klassische Kriminalität noch allein auf politische Motive reduzieren. Stattdessen entsteht eine Atmosphäre latenter Bedrohung, in der Ladenbesitzer jeden Morgen damit rechnen müssen, dass sich ihr Betrieb über Nacht in eine Baustelle verwandelt hat.

Wenn existenzielle Risiken nicht mehr aus dem Markt, sondern aus dem öffentlichen Raum kommen, ist das ein sicherheitspolitischer Notstand.

Der Vertrauensverlust ist größer als die Schäden

Viele Geschäftsinhaber berichten inzwischen davon, dass sie nicht mehr sicher sind, ob sie langfristig im Kiez bleiben können. Manche überlegen, stärker zu verbarrikadieren – andere, wegzugehen. Beides führt zu einem Ergebnis, das niemand will: Rückzug, Verödung, Austausch lokaler Vielfalt durch sterile Großketten mit mehr Sicherheitsressourcen. So verliert eine Stadt nicht nur Betriebe, sondern Identität.

Wenn Menschen nicht mehr davon ausgehen können, dass ein Geschäft nach Feierabend ungestört bleibt, geht die Aushöhlung urbaner Räume leise, aber stetig voran.


Resümee: Berlin braucht eine Sicherheitswende – jetzt

Eine Metropole, die wirtschaftlich funktionieren will, muss klare Prioritäten setzen: Schutz von Gewerbe und steuerzahlenden Bürgern ist kein Luxus, sondern staatliche Kernaufgabe. Wer die Stadt mit Abgaben finanziert, hat Anspruch darauf, dass Eigentum geschützt, Straftaten konsequent verfolgt und gefährdete Straßenräume aktiv gesichert werden.

Berlin braucht:

  • sichtbare Präsenz von Polizei und Ordnungsbehörden in gefährdeten Kiezen
  • schnelle Ermittlungen bei Angriffen auf Gewerbe, auch wenn Motive unklar sind
  • klare politische Haltung gegen jede Form ideologisierten Vandalismus
  • staatlich geförderte Sicherheitsmaßnahmen für kleine Betriebe

Ohne Sicherheit gibt es keine Vielfalt, keinen florierenden Handel, keine lebendige Innenstadt.
Die Stadt kann nicht weiter hinnehmen, dass engagierte Unternehmer jeden Morgen prüfen müssen, ob ihr Laden noch existiert. Sicherheit ist kein optionaler Wert, sondern Voraussetzung für Wirtschaftsleben und urbanen Zusammenhalt. Wer sie vernachlässigt, gefährdet die Stadt an ihrer wirtschaftlichen Wurzel.

Berlin braucht eine Politik, die Sicherheit nicht relativiert, sondern garantiert. Denn ohne Schutz verlieren zuerst die, die etwas aufbauen – und am Ende verliert die Stadt selbst. [DCM]

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