Kommentar: Sicherheit im Einzelhandel – ein Alarmsignal für den Rechtsstaat

August 5, 2025

Die jüngsten Klagen des Handelsverbands Deutschland über zunehmende Bandenkriminalität und Ladendiebstähle sind mehr als nur ein branchenspezifisches Problem – sie sind ein besorgniserregendes Symptom gesellschaftlicher Schieflagen und sicherheitspolitischer Defizite.

Wenn Einzelhändler von organisierten Diebstahl-Touren sprechen, wenn Mitarbeiter in Innenstädten Angst vor aggressiven Tätern haben müssen und wenn 98 % aller Vorfälle nicht mehr angezeigt werden, dann hat der Rechtsstaat in einem zentralen Lebensbereich an Boden verloren. Die Läden, die eigentlich Orte des Alltags und des sozialen Lebens sein sollten, werden zunehmend zu Schutzräumen gegen eine enthemmte Parallelrealität – mit Überwachung, Panzerglas und Sicherheitsdiensten.

Es ist nachvollziehbar, dass sich der Handel über hohe Präventionskosten beklagt. Aber die viel größere Rechnung wird langfristig der Gesellschaft präsentiert: Wenn Recht nicht mehr durchgesetzt wird, schwindet Vertrauen. Nicht nur zwischen Händlern und Behörden, sondern auch zwischen Kunden und Geschäften. Wer überall mit Misstrauen und Sicherheitsmaßnahmen konfrontiert wird, fühlt sich nicht als Kunde, sondern als potenzieller Verdächtiger.

Dabei ist der Zusammenhang mit anderen Krisen unübersehbar: soziale Schieflagen, Kaufkraftverlust, Personalmangel, eine überforderte Justiz. Wenn sogar Rentner und Familien laut Studien verstärkt zu Diebstahl greifen, sollte die Debatte nicht nur über Sicherheit, sondern auch über soziale Ursachen geführt werden. Aber selbst das entschuldigt keine Gewalt oder organisierte Kriminalität – es unterstreicht nur, wie vielschichtig die Ursachen sind.

Die Warnung vor „Zuständen wie in den USA“ mag überzogen wirken – doch sie ist eine Mahnung, den Trend nicht zu verharmlosen. Der Staat muss reagieren: mit konsequenter Strafverfolgung, besserer Ausstattung der Polizei und Justiz, aber auch mit einer sozialpolitischen Strategie, die Perspektiven schafft statt Resignation.

Wer den stationären Einzelhandel erhalten will – und mit ihm lebendige Innenstädte –, darf ihn nicht zum Schlachtfeld zwischen Kriminalität, Misstrauen und Bürokratie werden lassen.

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