Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) trifft mit seiner Kritik an der geplanten Mindestlohnerhöhung einen wunden Punkt der aktuellen Arbeitsmarktpolitik: Statt realwirtschaftliche Rahmenbedingungen ernsthaft in den Blick zu nehmen, wird der gesetzliche Mindestlohn erneut als politisches Signal missbraucht. Dabei wird ignoriert, dass Unternehmen – besonders im Dienstleistungssektor wie der Sicherheitsbranche – nicht beliebig mehr zahlen können, ohne dass dies gravierende Konsequenzen für Personalstruktur, Wettbewerb und Qualität nach sich zieht.
Die Mindestlohnerhöhung von 8,42 % innerhalb eines Jahres ist in Zeiten schwacher Konjunktur und hoher Unsicherheit eine wirtschaftspolitische Geisterfahrt. Während viele Branchen bereits mit sinkender Nachfrage, steigenden Betriebskosten und bürokratischer Überlastung kämpfen, werden ihnen durch gesetzliche Lohnuntergrenzen zusätzliche Lasten aufgebürdet – ganz gleich, ob dies mit der tatsächlichen Produktivität vereinbar ist oder nicht.
Besonders besorgniserregend ist die Missachtung der Tarifautonomie: Wenn politisch motivierte Entscheidungen den freien Verhandlungsprozess zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften aushebeln, wird das Fundament der Sozialpartnerschaft ausgehöhlt. Tarifverträge verkommen dann zur Makulatur – ein fatales Signal an alle, die sich bisher in fairen Aushandlungsprozessen engagiert haben.
Die Situation bei der öffentlichen Auftragsvergabe verdeutlicht das Dilemma: Wer Tariflöhne zahlt, verliert zunehmend Ausschreibungen an Billiganbieter – mit der paradoxen Folge, dass Qualität und Arbeitsbedingungen dort leiden, wo Sicherheit und Zuverlässigkeit eigentlich höchste Priorität haben sollten. Ein ordnungspolitisches Eigentor mit Ansage.
Und was ist mit der angestrebten sozialen Gerechtigkeit? Wenn Qualifikation und Weiterbildung nicht mehr lohnwirksam honoriert werden, schrumpfen Anreize zur Fachkräfteentwicklung. Gleichzeitig drohen steigende Preise im Handel und bei Dienstleistungen – wodurch am Ende genau jene Verbraucher:innen belastet werden, die durch die Maßnahme eigentlich geschützt werden sollten.
Autorin: Maria Lehmen