KI im Arbeitsalltag: Tempo, Risiken und die Sicherheitslücke der Zukunft

Oktober 10, 2025

Studie warnt: Der Einsatz künstlicher Intelligenz und humanoider Roboter schreitet rasanter voran als erwartet – mit weitreichenden Folgen für Datenschutz, Sicherheit und Governance

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein Zukunftsthema mehr – sie wird in den kommenden Jahren zum Standard in Büro und Produktion. Eine neue Untersuchung der Bonner Wirtschafts-Akademie (BWA) und des Diplomatic Council (DC) zeigt, wie tiefgreifend dieser Wandel sein wird. Doch mit der beschleunigten Durchdringung von Wirtschaft und Arbeitswelt wächst auch das Risiko: Cyberangriffe, Datenmissbrauch und unklare Verantwortlichkeiten drohen, zu den größten Herausforderungen der kommenden Dekade zu werden.

KI wird Teil des Büroalltags – Sicherheit muss mitwachsen

Spätestens ab 2027 wird KI in Büros allgegenwärtig sein – vergleichbar mit der heutigen Nutzung von Microsoft Office. Systeme, die Texte schreiben, Entscheidungen vorbereiten oder Personalprozesse steuern, werden Routine.
Doch je stärker KI in operative Abläufe integriert wird, desto sensibler werden die verarbeiteten Daten. Laut Studie ist die Mehrheit der befragten Führungskräfte überzeugt, dass Datenschutz- und Sicherheitsrichtlinien vieler Unternehmen derzeit nicht auf KI-Anwendungen vorbereitet sind.

„Wir erleben eine technologische Beschleunigung, der die Sicherheitsarchitekturen noch nicht gewachsen sind“, warnt Harald Müller, Geschäftsführer der BWA und Studienleiter. „KI wird überall eingebaut, aber Governance-Strukturen und Kontrollmechanismen hinken hinterher.“

Produktionsanlagen im Wandel – KI als potenzielle Angriffsfläche

Ab 2030 soll Künstliche Intelligenz auch in der industriellen Fertigung eine Schlüsselrolle spielen – von der Qualitätsprüfung bis zur Prozesssteuerung. Damit wächst die Zahl der potenziellen Eintrittspunkte für Cyberattacken rasant.
Vernetzte Produktionssysteme, lernfähige Robotik und cloudbasierte Steuerungen machen die industrielle Angriffsfläche größer als je zuvor. Ein manipulierter Algorithmus oder kompromittiertes Trainingsmodell kann Produktionsstillstände, Datenabfluss oder sogar physische Schäden verursachen.

Sicherheitsverantwortliche stehen damit vor einer neuen Aufgabe: KI-Systeme müssen nicht nur geschützt, sondern auch überprüfbar und nachvollziehbar sein. Transparente Entscheidungslogiken, Audit-Trails und kontinuierliches Monitoring werden zu zentralen Elementen einer sicheren KI-Integration.

Humanoide Roboter – physische Risiken durch digitale Intelligenz

Besonders disruptiv ist die nächste Entwicklungsstufe: humanoide Roboter, die dank eingebetteter KI selbstständig handeln und lernen. Rund ein Drittel der in der Studie befragten Experten rechnet bis 2040 mit einem breiten Einsatz solcher Systeme – in der Fertigung, Logistik oder im Service.

Damit verschmelzen digitale und physische Risiken: Fehlerhafte Algorithmen, manipulierte Sensorik oder eine Übernahme durch Schadsoftware könnten direkte physische Gefährdungen für Menschen und Anlagen auslösen.
Ein sicherer Betrieb erfordert daher umfassende Safety-by-Design-Strategien – vom sicheren Kommunikationsprotokoll über redundante Notabschaltungen bis zu KI-spezifischen Sicherheitsnormen, wie sie derzeit in EU und ISO erarbeitet werden.

Governance und Regulierung als zentrale Leitplanken

Die Studie zeigt deutlich: Der technologische Fortschritt überholt die politische und regulatorische Steuerung. Viele Unternehmen verfügen weder über klare Richtlinien zum KI-Einsatz, noch über definierte Verantwortlichkeiten, falls Systeme fehlerhaft handeln.

Mit Blick auf die EU-KI-Verordnung (AI Act) und kommende NIS2-Erweiterungen müssen Unternehmen künftig dokumentieren, wie ihre KI-Modelle Entscheidungen treffen, welche Daten sie verarbeiten und wie sie Sicherheits- sowie Datenschutzrisiken minimieren.
„KI darf kein Blackbox-System im Betrieb werden“, betont Müller. „Unternehmen müssen schon jetzt Strukturen schaffen, um KI-Anwendungen zu auditieren, zu zertifizieren und im Notfall abschalten zu können.“

Verantwortung zwischen IT, Geschäftsführung und Arbeitnehmern

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer erkennen, dass die Kontrolle über KI-Systeme nicht allein technische Aufgabe sein kann. Sie betrifft die gesamte Organisation – von der IT-Abteilung bis zur Personalführung.

Während Automatisierung und Robotik Arbeitsprozesse effizienter machen, entstehen neue ethische und soziale Fragen:

  • Wer trägt Verantwortung, wenn eine KI Fehlentscheidungen trifft?
  • Wie werden Daten von Beschäftigten geschützt, wenn KI sie analysiert oder bewertet?
  • Welche Rechte haben Mitarbeiter, wenn sie mit oder unter KI-Systemen arbeiten?

Unternehmen sind gut beraten, diese Fragen vor dem Einsatz großskaliger KI-Anwendungen zu beantworten – und sie in betriebliche Vereinbarungen und IT-Sicherheitsstrategien zu integrieren.

KI braucht Sicherheit, bevor sie Alltag wird

Die Untersuchung der BWA und des Diplomatic Council verdeutlicht: Künstliche Intelligenz wird in Wirtschaft und Arbeitswelt schneller Fuß fassen, als viele erwartet haben. Damit wächst die Verantwortung, Sicherheits- und Kontrollmechanismen konsequent mitzudenken.

Wer KI-Systeme in sensiblen Bereichen einführt, muss Datenschutz, Cybersicherheit, Nachvollziehbarkeit und Governance als gleichrangige Faktoren behandeln.
Nur so lässt sich verhindern, dass die nächste Welle technologischer Innovation zur größten Sicherheitslücke der Industriegeschichte wird.


Fußnote: Die in diesem Beitrag dargestellten Einschätzungen basieren auf der aktuellen Studie der Bonner Wirtschafts-Akademie (BWA) und des Diplomatic Council (DC) zu den Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz und Robotik auf die Arbeitswelt. Die redaktionelle Auswertung erfolgte unabhängig durch die Redaktion.

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