Bosch setzt auf Innovationen, Partnerschaften und Zukäufe

April 18, 2024

  • Kostensenkung bleibt im Fokus
  • Wachstumsziele erfordern hohe Ertrags- und Finanzkraft
    Im Geschäftsjahr 2023 vorangekommen: Umsatz stieg auf 91,6 Milliarden Euro / operative EBIT-Rendite mit 5,3 Prozent über Vorjahr. 
  • Ausblick 2024 bleibt verhalten: Umsatzanstieg von fünf bis sieben Prozent erwartet / EBIT-Rendite höchstens auf Vorjahresniveau. 
  • Wachstumsfelder gezielt ausbauen: Beispiel Medizintechnik – Investitionen von 300 Millionen Euro mit zwei neuen Partnern. 
  • Bosch-Chef Hartung: „Wir wollen mit Innovationen, Partnerschaften und Zukäufen in der Transformation unserer Branchen trotz konjunkturellem Gegenwind wachsen und unsere Chancen nutzen.“ 
  • Bosch-Finanzchef Forschner: „Unsere Ziele für 2024 sind sehr ambitioniert – wir erwarten keinen konjunkturellen Rückenwind und müssen weiter Kosten senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ 

Die Bosch-Gruppe hat ihren Umsatz und Ertrag 2023 gesteigert und setzt ihre Wachstumsstrategie auch in schwierigem Umfeld erfolgreich um: „Wir haben im Geschäftsjahr 2023 unsere wirtschaftlichen Ziele erreicht und in einer Reihe von Geschäftsfeldern unsere Marktposition gestärkt, sei es bei Halbleitern oder integrierten Gebäudesystemen“, sagte Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, anlässlich der Bilanzvorlage des Unternehmens. „Mit Innovationen, Partnerschaften und Zukäufen wollen wir in der Transformation unserer Branchen trotz konjunkturellem Gegenwind wachsen.“ Langfristig will das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen eine durchschnittliche jährliche Umsatzsteigerung von sechs bis acht Prozent bei einer Rendite von mindestens sieben Prozent erreichen. Zudem soll es in allen Weltregionen zu den führenden drei Anbietern in wesentlichen Märkten gehören.

Gezielt baut Bosch auch Innovationsfelder mit Wachstumschancen aus und kündigte zum Beispiel in der Medizintechnik den Einstieg in eine neuartige BioMEMS-Technologie an, die Molekulardiagnostik mit der Mikrosystemtechnik verbindet. Diese ermöglicht auf einem Chip gezielte Tests auf bis zu 250 genetische Merkmale wie etwa Erreger oder genetische Mutationen – und das direkt am Point-of-Care, zum Beispiel in einer Arztpraxis. „BioMEMS verbindet die Molekulardiagnostik mit der Mikrosystemtechnik, wie Bosch sie in Smartphones ebenso wie im ESP-Schleuderschutz einsetzt“, sagte Hartung. Ein erster BioMEMS-Test soll auf verschiedene Erreger der Sepsis zielen, bekannt auch als Blutvergiftung. Dafür ist Bosch kürzlich eine Entwicklungs- und Vertriebspartnerschaft mit Randox eingegangen. Eine weitere strategische Partnerschaft mit R-Biopharm soll die Entwicklung eines vollautomatisierten Tests auf multiresistente Bakterien voranbringen. Dafür will Bosch mit den beiden Partnern gemeinsam rund 300 Millionen Euro bis 2030 investieren.

Umsatz und Ergebnis 2023 verbessert – 2024 bleibt weiterhin angespannt

Im zurückliegenden Geschäftsjahr erwirtschaftete Bosch trotz ungünstiger Konjunktur- und Marktbedingungen einen Umsatz von 91,6 Milliarden Euro. Dies ist ein Anstieg von 3,8 Prozent, wechselkursbereinigt ein Plus von 8,0 Prozent. Das operative Ergebnis vor Finanzergebnis und Steuern (EBIT) betrug 4,8 Milliarden Euro (2022: 3,8 Milliarden Euro). Die operative EBIT-Rendite lag mit 5,3 Prozent einen Prozentpunkt über dem Vorjahr und damit über den Erwartungen, aber weiterhin unter der langfristig erforderlichen Zielrendite von mindestens sieben Prozent. Diese will Bosch 2026 erreichen. „Eine hohe Ertrags- und Finanzkraft ist notwendig, um unsere Wachstumsziele möglichst selbst zu finanzieren“, erklärte Markus Forschner, Geschäftsführer und Finanzchef der Robert Bosch GmbH. „Ein erfolgreicher Endspurt hat dazu beigetragen, dass sich unsere Erwartungen für 2023 insgesamt erfüllt haben. Allerdings wird das Geschäftsjahr 2024 mindestens so herausfordernd wie 2023.“ 
Für das laufende Jahr sind insgesamt die Aussichten von Bosch auch vor dem aktuellen konjunkturellem Hintergrund weiter verhalten. „Für 2024 erwarten wir keinen konjunkturellen Rückenwind“, sagte Forschner. Demnach rechnet der Finanzchef für 2024 nur mit einem globalen Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent und geht von einer stagnierenden Fahrzeugproduktion und einem weiterhin schwachen Maschinenbaumarkt aus. Bei den Konsumgütermärkten könnte es hingegen nach zwei Jahren Zurückhaltung eine leichte Verbesserung geben. Für das eigene Geschäft erwartet Bosch eine Stabilisierung, zu der Innovationen und die verstärkte internationale Aufstellung beitragen sollen. Zum Beispiel entstehen eine Herdfabrik in Ägypten und ein Werk für Kühlgeräte in Mexiko.
Im ersten Quartal 2024 lag der Umsatz der Bosch-Gruppe 0,8 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum, wechselkursbereinigt stiegen hingegen die Erlöse um 2,7 Prozent. „Daran wird deutlich, dass der Umsatzanstieg um fünf bis sieben Prozent, wie wir ihn mit unserer Planung für das Gesamtjahr anpeilen, sehr ambitioniert ist“, sagte Forschner. Der Finanzchef machte deutlich, dass es schwierig sein wird, die operative EBIT-Rendite gegenüber dem Vorjahr zu steigern: „Neben dem verhaltenen Marktumfeld und den voraussichtlich weiter steigenden Vorleistungen für Zukunftsthemen kommen Restrukturierungen und Prozessverbesserungen hinzu, die zunächst belasten und sich erst später positiv auswirken.“ Dazu muss Bosch weiter Kosten senken und Strukturen verändern, um in der Transformation der Branchen wettbewerbsfähig zu bleiben. Forschner sagte: „Wir werden die erforderlichen Maßnahmen konsequent, aber mit Augenmaß umsetzen.“ Notwendige Personalanpassungen sollen dabei möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen und im Austausch mit den Sozialpartnern erfolgen. 

Wachstumsfeld: Nachhaltige Mobilität

In seinem Kerngeschäft Mobility treibt Bosch strategische Entscheidungen für kommendes Wachstum zielstrebig voran: Allein in diesem Jahr laufen rund 30 Serienprojekte für Elektrofahrzeuge an. „Die Elektromobilität kommt – die Frage ist nur, wie schnell in den verschiedenen Regionen der Welt“, sagte Hartung. „In Europa werden 2030 nach unserer Einschätzung voraussichtlich 70 Prozent aller Neuwagen reine Elektroautos sein, in China und Nordamerika 40 bis 50 Prozent.“ Wo große Distanzen mit schweren Fahrzeugen zu überwinden seien, blieben laut dem Bosch-Chef Lösungen wie Plug-in-Hybrid und Range-Extender noch einige Zeit gefragt. Weiteren Schub erwartet Bosch Mobility aus der Fahrdynamik-Technologie: Mit neuen und redundanten Bremssystemen, zugeschnitten besonders auf das elektrifizierte und automatisierte Fahren, wächst Bosch jährlich um zehn Prozent – deutlich stärker als der Markt. Mit dem Vehicle Motion Management (VMM) setzt Bosch auf eine innovative Systemlösung, die künftig alle Fahrzeugbewegungen koordiniert, indem es Bremse, Lenkung, Antrieb und Dämpfung ansteuert. Allein für zurückliegende Wintererprobungen hat Bosch mehr als 20 Testfahrzeuge großer Marken mit Varianten des VMM ausgestattet. „Wir sind früh unterwegs und werden in diesem Jahr bereits mit einem ersten Auftrag in Serie gehen“, erklärte Hartung. Insgesamt will das Unternehmen damit im Jahr 2030 bereits einen Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe erzielen.

Wachstumsfeld: Wasserstoff

Im Wachstumsfeld Wasserstoff bekräftigt Bosch seine geschäftliche Erwartung: 2030 kann der Umsatz mit Wasserstoff-Technik voraussichtlich fünf Milliarden Euro erreichen. „2023 ist unsere Produktion von Brennstoffzellen-Systemen in Stuttgart und im chinesischen Chongqing angelaufen“, sagte Hartung. Leitmarkt werde voraussichtlich zunächst China sein, in Europa und Nordamerika erwartet Bosch erst in der nächsten Dekade größere Zuwächse. Aus technischer Sicht ist der schnellste Weg zum klimaneutralen Nutzfahrzeug-Verkehr mit dem Wasserstoff-Motor möglich. Für die entsprechende Technik sieht Bosch 2030 ein Marktvolumen von nahezu einer Milliarde Euro. Der Bosch-Chef erklärte: „Schon in diesem Jahr kommt in Indien ein Wasserstoffmotor mit unserer Einblastechnik auf die Straße, und wir arbeiten bereits an fünf Serienaufträgen namhafter Lkw-Hersteller aus allen Teilen der Triade.“ Auch an der kräftig zunehmenden Wasserstoff-Erzeugung will Bosch teilhaben: Weltweit wird bis 2030 die Kapazität für die Wasserstoff-Elektrolyse gut 170 Gigawatt installierter Leistung erreichen – rund 25-mal so viel wie heute. „Mit unserem Elektrolyse-Stack sind wir auf Kurs zum Markteintritt im nächsten Jahr“, erläuterte Hartung. „Bosch soll künftig nicht nur als Name für Wasserstoff-Antriebe, sondern auch für die Wasserstoff-Produktion stehen. Wir werden als Zulieferer den Zukunftsmarkt aktiv mitgestalten.“ 

Wachstumsfeld: Wärmepumpen

Wachstumschancen nutzt Bosch konsequent auch im Bereich Heizungstechnik. Obwohl der europaweite Wärmepumpen-Markt 2023 stagnierte, konnte Bosch sein Geschäft um nahezu 50 Prozent steigern. In den kommenden Jahren will Bosch in dem Segment deutlich stärker als der Markt wachsen. „Wir haben nicht nur in unsere Produktion investiert, sondern auch unser Produktportfolio ausgebaut – von kostengünstigen bis hin zu leisen und effizienten Wärmepumpen“, sagte Hartung. Von Hybridheizungen, der Kombination aus Wärmepumpe für den Grundbetrieb und einer Gastherme für die Spitzenlast, verspricht sich der Bosch-Chef weiteres Absatzpotenzial. Diese ermöglichen die effiziente Dekarbonisierung für Millionen von Bestandsgebäuden. Eine entsprechende Lösung hat Bosch erstmals für Mehrfamilienhäuser mit bis zu 100 Wohneinheiten umgesetzt. Zugleich erinnerte Hartung an die kontroverse Debatte zum Heizungsgesetz in Deutschland, die langfristige Kaufentscheidungen behinderte und damit einen starken Einbruch im Heizungsmarkt zur Folge hatte. „Wo Klima- und Energiepolitik widersprüchlich ist, werden Investoren nicht investieren, sondern warten“, verdeutlichte Hartung. „Wachstum setzt eine klare und berechenbare Förderpolitik voraus.“

Klimapolitik: CO2-neutrale Zukunft erfordert anhaltende Investitionen

Insgesamt spielt der Klimaschutz für Bosch weiterhin eine zentrale Rolle. Er bietet aus Sicht von Stefan Hartung große Wachstumschancen, auch wenn sich Märkte wie die Elektromobilität verzögert entwickeln würden. „Allerdings sehen wir, dass der Klimaschutz nicht mehr allein an der Spitze der politischen Agenda steht – unter dem Eindruck komplexer Geopolitik und zunehmender sozialer Spannungen in unserer Gesellschaft“, erklärte Hartung. Bosch halte jedoch an den hohen Vorleistungen für Technologien einer CO2-neutralen Zukunft fest, um seinen Beitrag zu leisten und die Transformation an der Spitze mitzugestalten. Hartung appellierte: „Die Förderung CO2-effizienter Technologien steht zwar unter Spardruck. Klimaschutz erfordert jedoch anhaltende Investitionen – vom Staat, von Unternehmen und von jedem Einzelnen.“ 

Geschäftsjahr 2023: Verbesserter Free-Cash-Flow, hohe Vorleistungen

War bei Bosch die Vorratshaltung im Vorjahr noch stark durch Unsicherheiten aufgrund der Corona-Pandemie und der Halbleiterengpässe geprägt, stellte sich mittlerweile eine Normalisierung ein. Auch dadurch verbesserte sich der Free-Cash-Flow auf 2,2 Milliarden Euro und lag mit 2,4 Prozent vom Umsatz über dem Mindestziel von 1,0 Prozent. Die Eigenkapitalquote betrug 44,2 Prozent (2022: 46,6 Prozent). Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben blieben mit 7,3 Milliarden Euro stabil auf einem hohen Niveau (2022: 7,2 Milliarden Euro) und resultieren in einer F&E-Quote von acht Prozent (2022: 8,2 Prozent). Die Investitionen in Sachanlagen erreichten mit 5,5 Milliarden Euro einen neuen Höchststand (2022: 4,9 Milliarden Euro). Forschner sagte: „Wir achten bei den Vorleistungen, die sich 2023 insgesamt auf mehr als zwölf Milliarden Euro summierten, auch entschlossen auf Wirtschaftlichkeit und steuern bei den Projekten gegebenenfalls nach.“

Geschäftsjahr 2023: Entwicklung nach Unternehmensbereichen 

Der Unternehmenssektor Mobility erzielte ein Umsatzwachstum von 6,9 Prozent auf 56,2 Milliarden Euro. Wechselkursbereinigt beträgt das Plus 10,9 Prozent. Die operative EBIT-Rendite betrug 4,4 Prozent (2022: 3,4 Prozent). Im Unternehmensbereich Industrial Technology stiegen die Erlöse auf 7,4 Milliarden Euro. Der Anstieg um 6,8 Prozent und wechselkursbereinigt um 10,2 Prozent resultiert aus der erstmaligen Konsolidierung der Zukäufe HydraForce und Elmo Motion Control. Die EBIT-Rendite blieb stabil mit 9,1 Prozent (2022: 9,8 Prozent). Im Unternehmensbereich Consumer Goods lag der Umsatz 6,6 Prozent unter dem Vorjahr und erreichte 19,9 Milliarden Euro, wechselkursbereinigt ein leichtes Minus von 1,2 Prozent. Die operative EBIT-Rendite blieb unverändert bei 4,5 Prozent. Im Unternehmensbereich Energy and Building Technology legte der Umsatz um 10,5 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro zu, wechselkursbereinigt ein Wachstum von 13,2 Prozent. Die operative EBIT-Rendite erreichte neun Prozent (2022: sechs Prozent).

Geschäftsjahr 2023: Entwicklung nach Regionen

In Europa erreichte der Umsatz 46,8 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Zuwachs von 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wechselkursbereinigt von 7,9 Prozent. In Nordamerika stiegen die Erlöse um 6,2 Prozent auf 15,2 Milliarden Euro. Das Plus beträgt wechselkursbereinigt acht Prozent. In Südamerika lag der Umsatz bei 1,7 Milliarden Euro gegenüber 1,8 Milliarden Euro im Vorjahr. Der Rückgang belief sich auf 6,2 Prozent, wechselkursbereinigt ist das ein Wachstum von 1,8 Prozent. Asien-Pazifik einschließlich übriger Regionen verzeichnete einen Umsatz von 27,9 Milliarden Euro. Das ist ein leichtes Wachstum von 0,6 Prozent und wechselkursbereinigt ein deutliches Plus von 8,6 Prozent. 

Geschäftsjahr 2023: Mitarbeiterzahl steigt um etwa zwei Prozent

Weltweit beschäftigte das Unternehmen zum Jahresende 429 416 Menschen, das sind 8 078 mehr als im Vorjahr. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Beschäftigten in allen Regionen gestiegen – auch in Deutschland. Der regional stärkste Zuwachs erfolgte in Amerika.

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