Fast ein halbes Jahrhundert lang war die IFSEC das pulsierende Herz der europäischen Sicherheitsbranche. Was in den frühen 1970er-Jahren im industriellen Birmingham begann, entwickelte sich rasch zur Leitmesse für all jene, die sich mit dem Schutz von Menschen, Gebäuden und Werten beschäftigten. Jahr für Jahr strömten zehntausende Fachbesucher ins National Exhibition Centre, um zu sehen, wohin sich die Welt der Schlösser, Sensoren und Kameras bewegte. Hier wurden Technologien vorgestellt, die später zum Alltag gehörten, hier trafen Ingenieure auf Entscheider, Planer auf Behörden, Hersteller auf Visionäre.
Die IFSEC war stets mehr als eine Ausstellung – sie war ein Gradmesser für den Stand der Branche. In den 1980er- und 1990er-Jahren spiegelte sie die Aufbruchstimmung einer Zeit, in der elektronische Sicherheitssysteme ihren Siegeszug antraten. Wer dort präsent war, gehörte zur Avantgarde einer wachsenden Industrie. Der britische Pragmatismus und der kollegiale Ton der Messe prägten eine Atmosphäre, in der Geschäft und Gemeinschaft Hand in Hand gingen.
Doch kein Erfolg währt ewig. Als die IFSEC 2014 vom traditionsreichen Birmingham ins moderne ExCeL London umzog, war das zwar ein Schritt in Richtung Internationalisierung – aber auch ein Bruch mit ihrer Herkunft. Der neue Standort brachte Glanz und größere Reichweite, doch viele empfanden, dass etwas verloren ging: die Erdung, das vertraute Fachgespräch, das Gefühl, Teil einer eingeschworenen Gemeinschaft zu sein. London war eine Bühne, Birmingham war ein Zuhause.
In den folgenden Jahren veränderte sich die Welt – und mit ihr das Messewesen. Hersteller verlagerten ihre Produktpremieren ins Digitale, Fachleute trafen sich in Webinaren, nicht mehr in Messehallen. Die Pandemie beschleunigte diesen Wandel, der für viele Veranstaltungen zur existenziellen Herausforderung wurde. Auch die IFSEC versuchte, sich neu zu erfinden: mit Themen wie Cybersecurity, Smart Cities und Cloud-Überwachung. Doch die einstige Leitmesse fand nicht mehr zurück zu ihrer alten Bedeutung. 2024 kam das offizielle Ende – leise, fast unspektakulär.
Zurück bleibt ein respektvoller Blick auf ein Stück Industriegeschichte. Die IFSEC war ein Ort, an dem Innovation greifbar und Zukunft sichtbar wurde, lange bevor das Internet diese Rolle übernahm. Sie verband Menschen, Ideen und Technologien – und prägte Generationen von Sicherheitsprofis. Ihr Ende ist kein Skandal, sondern ein Symptom unserer Zeit: Märkte verändern sich, und mit ihnen die Rituale des Austauschs.
Vielleicht ist das stille Verschwinden der IFSEC auch ein Menetekel. Denn sie war nicht die einzige große Messe mit jahrzehntelanger Tradition, die plötzlich alt aussieht in einer Welt aus Livestreams, Produktvideos und algorithmischen Netzwerken. Manche dieser ehrwürdigen Institutionen leben noch – doch wer genau hinsieht, erkennt: Einige von ihnen stehen schon mit einem Bein im Grab und mit dem anderen in einer ungewissen Zukunft.


