Robuste Drohnen für Europa: „SWIFT“ trotzt Kollisionen dank Specht-Innovation

September 23, 2025

Drohnen haben sich in Europa längst vom Nischenprodukt für Hobbyisten zu unverzichtbaren Werkzeugen in Wirtschaft, Sicherheit und Forschung entwickelt. Ob bei der Inspektion kritischer Infrastrukturen, der Überwachung von Industrieanlagen, der Unterstützung bei Rettungseinsätzen oder in urbanen Mobilitätsprojekten – unbemannte Luftfahrzeuge sind vielseitig einsetzbar. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an ihre Zuverlässigkeit, Robustheit und Sicherheitsarchitektur. Gerade in dicht bebauten Städten, in Industrieanlagen oder in Katastrophengebieten kann jede Kollision kritische Schäden verursachen – sowohl an der Drohne als auch an der Umgebung.
Die Schweizer Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) haben nun ein Fluggerät entwickelt, das dieses Problem elegant adressiert: die Drohne „SWIFT“. Inspiriert vom Specht, dessen Gehirn mechanisch vom Schnabel entkoppelt ist, kann die SWIFT-Drohne Kollisionen nahezu unbeschadet überstehen – ein Prinzip, das bisher in der Drohnenentwicklung kaum Anwendung fand.

Biologisches Vorbild: der Specht als Ingenieur

Der Specht hackt mit hoher Geschwindigkeit auf Baumrinde, ohne dass sein Gehirn Schaden nimmt. Das Geheimnis liegt in der mechanischen Entkopplung: Der harte Schnabel, das flexible Zungenbein und ein schwammartiger Knochen zwischen Zungenbein und Schädel wirken wie ein Stoßdämpfer. Das Gehirn hat zusätzlichen Platz, um Bewegungen abzufangen, und wird so vor Verletzungen geschützt.
Die EPFL-Ingenieure übertrugen dieses Prinzip auf die SWIFT-Drohne. Starre Kohlenstofffaserstäbe ersetzen den Schnabel, gebogene Streifen aus demselben Material übernehmen die Funktion des Zungenbeins, und elastische Kabel stehen für den stoßdämpfenden Schwammknochen. Der Hauptschädel wird durch Kohlefaserplatten nachgebildet, die mit Polymilchsäure-Kunststoffklammern an Kohlefaserrohren befestigt sind.

Mechanik, die Kollisionen schluckt

Das Herzstück der Drohne – Elektronik, Motor und Propeller – hängt in einem flexiblen „Schädel“, der bei einem Aufprall bis zu 22 Zentimeter nachgibt. Die Energie eines Aufpralls wird verteilt, wodurch die kritischen Komponenten geschützt bleiben. Mit Abmessungen von 980 Millimeter Länge, 1.500 Millimeter Breite und einem Gewicht von 710 Gramm ist die SWIFT-Drohne robust genug, um bei Kollisionen intakt zu bleiben, gleichzeitig aber agil und stabil genug, um kontrolliert zu fliegen.
Die Entwickler setzten auf variable Steifigkeit: Die Struktur ist fest genug, um präzise Flugmanöver zu ermöglichen, und flexibel genug, um Aufpralle in engen und komplexen Umgebungen abzufedern. Tests in Innenräumen bei Geschwindigkeiten von fast 30 km/h demonstrierten die Widerstandsfähigkeit gegen Hindernisse, gefolgt von Freiluftflügen, die die Anpassungsfähigkeit der Drohne unter realen Bedingungen belegten.

Anwendungsfelder in Europa

Dank ihrer Kollisionsresistenz eignet sich SWIFT besonders für die folgenden Einsatzbereiche:

  • Urbanes Umfeld: Überwachung von Städten, Inspektion von Brücken, Verkehrsüberwachung oder logistische Unterstützung in unübersichtlichen Bereichen.
  • Wald- und Naturschutz: Erkundungsflüge in dicht bewaldeten Gebieten, Monitoring von Wildtieren oder Inspektionen in schwer zugänglichen Regionen.
  • Katastrophenmanagement: Rettungseinsätze in Erdbebengebieten, Überschwemmungen oder Industrieunfällen, wo Hindernisse und Trümmer die Flugbahn gefährden können.
  • Forschung und industrielle Inspektion: Sichere Überprüfung von Hochspannungsleitungen, Windkraftanlagen oder sonstigen kritischen Infrastrukturen, ohne dass ein Absturz die Operation gefährdet.

Die Fähigkeit, Kollisionen mechanisch abzufedern, erhöht die Einsatzsicherheit erheblich und reduziert Ausfallzeiten durch Reparaturen. Dies ist besonders in europäischen Ballungsräumen wichtig, wo Drohnen zunehmend in dicht belebten Umgebungen operieren und ein Absturz nicht nur die Hardware, sondern auch Personen gefährden könnte.

Perspektiven und Ausblick

Die SWIFT-Drohne zeigt, wie biomimetische Prinzipien die Drohnenentwicklung verändern können. Während klassische Drohnen bei Hindernissen auf Sensorik, KI und Notfallprotokolle angewiesen sind, ergänzt SWIFT diese Ansätze durch mechanische Robustheit. In Europa könnten solche Drohnen künftig Standards für urbanes Drohnenmanagement, Sicherheitsflüge in komplexen Umgebungen und Katastropheneinsätze setzen.

Das Video zu SWIFT demonstriert eindrucksvoll die Kollisionsresistenz: https://youtu.be/kyvZJ6cJJGg

Die Forschung der EPFL unterstreicht einen wichtigen Trend: die Integration biologischer Prinzipien in die Technik, um Drohnen nicht nur intelligenter, sondern auch robuster zu machen. Angesichts zunehmender regulatorischer Anforderungen in Europa – etwa zu Drohnenflügen in Städten und über Menschenmengen – könnte dies entscheidend sein, um Drohnen effizient, sicher und zuverlässig in den europäischen Luftraum zu integrieren.


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