Kaum etwas hat unseren Alltag so stark verändert wie das Smartphone. Es ist unser ständiger Begleiter – ob in der U-Bahn, im Wartezimmer oder auf dem Weg zur Arbeit. Schnell eine Nachricht beantworten, kurz E-Mails checken, durch Social Media scrollen – wir sind es gewohnt, unsere freie Zeit damit zu füllen. Doch was passiert, wenn der Blick aufs Handy wichtiger wird als der Blick in das Gesicht unseres Gegenübers?
Ein Verhalten, das mittlerweile zur Normalität geworden ist, trägt einen Namen: Phubbing. Und es ist weit mehr als eine harmlose Marotte – es kann unsere Beziehungen ernsthaft gefährden.
Was genau ist Phubbing?
Der Begriff „Phubbing“ ist eine Wortschöpfung aus phone (Telefon) und snubbing (jemanden brüskieren oder ignorieren). Er beschreibt die Situation, in der jemand während eines Gesprächs oder einer gemeinsamen Aktivität das Smartphone benutzt und dadurch sein Gegenüber missachtet.
Laut einer Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München ist Phubbing mittlerweile ein verbreitetes Phänomen: In 90 % der beobachteten sozialen Interaktionen kam es mindestens einmal vor. Das bedeutet: In fast jeder zwischenmenschlichen Begegnung greift mindestens eine Person zum Handy – oft unbewusst, aber mit spürbaren Folgen.
Phubbing – ein stiller Beziehungskiller
Was auf den ersten Blick banal wirkt, hat tiefgreifende Auswirkungen. Wer in einem Gespräch zum Smartphone greift, sendet eine klare – wenn auch meist ungewollte – Botschaft: „Das, was auf meinem Display passiert, ist gerade wichtiger als du.“ Diese ständige Ablenkung kann Beziehungen schwächen, Vertrauen untergraben und Nähe zerstören.
Ob in Partnerschaften, Freundschaften oder Familien: Phubbing erzeugt Distanz. Gespräche bleiben oberflächlich oder werden ganz unterbrochen. In der Erziehung wirkt es besonders problematisch. Kinder, die häufig erleben, dass ihre Eltern beim gemeinsamen Essen oder Spielen aufs Handy schauen, fühlen sich vernachlässigt – mit langfristigen Folgen für Bindung, Vertrauen und Selbstwert.
Eine Längsschnittstudie des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters zeigt alarmierende Zahlen: Über ein Drittel der befragten Kinder und fast 30 % der Eltern fühlen sich durch die Smartphone-Nutzung des Gegenübers mindestens manchmal ignoriert. Kinder, die regelmäßig Phubbing erfahren, berichten häufiger von Einsamkeit, Stress und Angstgefühlen.
Bin ich selbst ein Phubber?
Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Bin ich auch so jemand? Ein paar einfache Fragen können helfen, das eigene Verhalten besser einzuordnen:
- Schaue ich häufig auf mein Smartphone, während ich mit anderen spreche?
- Werde ich ungeduldig, wenn mein Gesprächspartner volle Aufmerksamkeit erwartet?
- Fühle ich mich nervös oder unwohl, wenn ich mein Handy mal nicht griffbereit habe?
Wenn Sie mehrmals mit „Ja“ geantwortet haben, lohnt sich ein bewusster Blick auf die eigene Handynutzung. Denn: Niemand ist perfekt – und Phubbing passiert oft automatisch. Doch wer sich seiner Gewohnheiten bewusst wird, kann sie verändern.
Was wir tun können – bewusster Umgang statt Dauerablenkung
Smartphones sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Es geht also nicht darum, sie zu verteufeln – sondern darum, ihnen den richtigen Platz zuzuweisen. Kleine Änderungen im Alltag können viel bewirken:
- Legen Sie das Handy bei Gesprächen oder Mahlzeiten bewusst beiseite.
- Aktivieren Sie den Flugmodus, wenn Sie mit anderen Zeit verbringen.
- Vereinbaren Sie handyfreie Zeiten – zum Beispiel am Abend oder an Wochenenden.
- Achten Sie auch darauf, wie Sie selbst mit Phubbing-Erfahrungen umgehen – und sprechen Sie es freundlich an, wenn Sie sich ignoriert fühlen.
Phubbing ist ein stilles, aber weitverbreitetes Phänomen. Es untergräbt unsere Beziehungen schleichend – in Partnerschaften, Familien und Freundschaften. Wer sich selbst hinterfragt und den Blick wieder öfter hebt, statt ihn auf den Bildschirm zu richten, kann echten zwischenmenschlichen Kontakt stärken. Das kostet nichts – außer Aufmerksamkeit.